Kündigung wegen des Verdachts der Beteiligung am „Jihad"
Sachverhalt
Der Kläger, ein gebürtiger deutscher Staatsangehöriger, war seit dem Jahre 2008 als Montagehandwerker bei der Beklagten, der Volkswagen AG, beschäftigt. Aufgrund von polizeilichen Ermittlungen bestand gegen ihn der konkrete Verdacht, er wolle sich dem militanten „Jihad" anschließen. Eine Ausschreibung zur Kontrolle und Grenzfahndung lag gegen ihn vor, infolge dessen er im Jahre 2014 auf einer Reise in die Türkei von der Bundespolizei gestoppt wurde und ihm sein Reisepass entzogen wurde. Hiergegen wendete er sich mit einer Klage vor dem Verwaltungsgericht, welche jedoch keinen Erfolg hatte. Im Januar 2018 bekam der Kläger einen neuen Reisepass ausgestellt.
Die Beklagte kündigte infolge der Geschehnisse dem Kläger das Arbeitsverhältnis fristlos. Als Begründung führte sie an, dass aufgrund des Verdachts gegen den Mitarbeiter der Betriebsfrieden und die Sicherheit im Unternehmen gefährdet sei. Das Arbeitsgericht hat die Kündigungsschutzklage abgewiesen, das LAG hat ihr stattgegeben. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Falles wurde die Revision zum BGH zugelassen.
Entscheidungsgründe
In seinen Entscheidungsgründen führt das LAG Niedersachen aus, dass der bloße Verdacht einer Zugehörigkeit zur radikal militanten „Jihad-Bewegung" als Grund für die fristlose Kündigung eines Arbeitsverhältnisses nicht ausreiche. Daran ändere auch der präventive Schutz durch Entzug des Reisepasses nichts. Es fehle hier, da es sich um außerordentliche Umstände handele, an einer konkreten Störung des Arbeitsverhältnisses. Nur bei Vorliegen einer konkreten Störung des Arbeitsverhältnisses, also bedingt durch innerbetriebliche Umstände, würde der vorliegende Sachverhalt als Kündigungsgrund ausreichen. Der Beklagten sei es aber nicht gelungen, eine solche konkrete Störung oder den dringenden Verdacht, dass der Kläger den Betriebsfrieden oder die Sicherheit im Betrieb stören könnte, aufzuzeigen. Es handelte sich daher laut LAG um einen rein außerdienstlichen Umstand, der eine Kündigung nicht rechtfertige.
Fazit
Das LAG Niedersachsen geht übereinstimmend mit der bisherigen Rechtsprechung des BAG davon aus, dass eine Verdachtskündigung wegen einer Straftat nur dann in Betracht kommt, wenn die Straftat einen konkreten Bezug zum Arbeitsverhältnis hat und so zu einer konkreten Störung des Arbeitsverhältnisses führt. Dies ist grundsätzlich möglich, wenn betriebliches Verhalten einen Bezug zum Arbeitgeber herstellt, beispielsweise wenn der Arbeitnehmer in Dienstkleidung radikal politische Ansichten in Medien kundtut.
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