ArbG Augsburg: Kein gesetzlicher oder vertraglicher Anspruch auf Homeoffice
Die Covid-19 Pandemie führte dazu das eine Vielzahl von Arbeitnehmern ihre Tätigkeit im Homeoffice ausführten bzw. nach wie vor ausführen. Dies geschah und geschieht überwiegend im Einvernehmen zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern. Doch was ist, wenn ein Arbeitnehmer ins Homeoffice möchte, der Arbeitgeber dies jedoch nicht zulässt? Darüber ob der Arbeitnehmer Anspruch auf die Arbeit vom Homeoffice aus hat, hatte das ArbG Augsburg in seinem Urteil vom 7. Mai 2020, Az. 3 Ga 9/20 zu entscheiden.
Der Sachverhalt
Der 63 jährige Kläger teilte sich bei der Beklagten ein Büro mit einer Mitarbeiterin. Unter Berufung auf ein ärztliches Attest vom 9. April 2020 machte er gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Erbringung seiner Tätigkeit an seinem Wohnsitz im Homeoffice geltend. Er beantragte unter anderem, die Beklagte zu verurteilen, die Arbeit im Home-Office zu gestatten, solange für ihn das Risiko einer Sars-CoV-2-Infektion bestehe und, soweit dies aus organisatorischen Gründen nicht möglich sei, ihm ein Einzelbüro zur Verfügung zu stellen. Die Beklagte beantragte die Abweisung dieser Anträge.
Die Entscheidung des Arbeitsgerichts
Das ArbG Augsburg wies die Klage ab, da sich weder aus Vertrag noch aus Gesetz ein Anspruch des Klägers auf einen Arbeitsplatz an seinem Wohnsitz ergäbe. Es obliege allein dem Arbeitgeber, wie er seiner Verpflichtung aus § 618 BGB, seine Arbeitnehmer vor Gefahren für Leben und Gesundheit zu schützen, gerecht werde und sie ermessensgerecht durch entsprechende Ausübung seines Leistungsbestimmungsrechtes umsetze, um das Ziel zu erreichen, den hausärztlichen Empfehlungen des Klägers zu entsprechen. Das Gericht sah die Schutzvorkehrungen des Arbeitgebers als ausreichend an.
Fazit und Anmerkungen
Das ArbG Augsburg stellt klar, dass kein gesetzlicher Anspruch auf Verrichtung der Tätigkeit aus dem Homeoffice heraus besteht. Ein solcher Anspruch kann sich lediglich aus dem Arbeitsvertrag ergeben. Es obliege allein dem Arbeitgeber zu entscheiden, wie er seinen Verpflichtungen aus § 618 BGB gerecht wird. Hiernach ist der Arbeitgeber u.a. zum Schutz der Arbeitnehmer vor Infektionen und zur Einhaltung von Unfallverhütungsvorschriften verpflichtet. Soweit der Arbeitgeber die Vorgaben des Arbeits- und Gesundheitsschutzes beachtet, führt auch die (bloße) Angst, sich bei einem Kollegen in der Betriebsstätte anzustecken, nicht zur Begründung eines Homeoffice-Anspruchs.
Auseinandergesetzt hat sich das Arbeitsgericht allerdings nicht damit, dass unter bestimmten Umständen Ausnahmen in Betracht kommen können, wie z.B. dann, wenn seitens des Arbeitgebers Hygienestandards nicht beachtet werden und Mindestabstände zwischen den Arbeitnehmern nicht gewährleistet werden können. Der Arbeitgeber hat die Pflicht, im Zusammenwirken mit dem Arbeitnehmer die Voraussetzungen für die Durchführung des Arbeitsvertrags zu schaffen und Erfüllungshindernisse nicht entstehen zu lassen bzw. zu beseitigen. Aus dieser Pflicht kann sich ein Anspruch des Arbeitnehmers auf Zuweisung zum Homeoffice bzw. auf Anpassung des Vertrags mit Zuweisung zum Homeoffice ergeben.
Voraussetzung hierfür ist jedoch auch, dass ein unüberwindbares Leistungshindernis besteht, der Arbeitnehmer die Zuweisung zum Homeoffice verlangt und die Zuweisung dem Arbeitgeber zumutbar und rechtlich möglich ist. Ein solches Leistungshindernis kann eine Krankheit des Arbeitnehmers sein, wenn er aufgrund dieser seine arbeitsvertraglich geschuldete Tätigkeit nicht mehr ganz oder teilweise außerhalb des Homeoffice erbringen kann. Entsprechendes soll auch gelten, wenn für den Arbeitnehmer bei einer Tätigkeit außerhalb des Homeoffice aufgrund bestehender Risikofaktoren (z.B. Alter, Atemwegs- oder Herzerkrankungen) eine erhöhte Ansteckungsgefahr besteht und ihm insoweit eine Tätigkeit im Betrieb (jedenfalls vorübergehend) nicht zumutbar ist. Der Arbeitgeber kann dem jedoch dann entgegentreten, wenn der Arbeitnehmer nicht über einen geeigneten häuslichen Arbeitsplatz verfügt und ein Homeoffice auch aus technischen Gründen nicht eingerichtet werden kann, insofern bedarf es wohl stets einer Abwägung der widerstreitenden Interessen im Einzelfall.
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