Rückzahlung von Fortbildungskosten
Praktische und rechtliche Einordnung
Häufig übernehmen Arbeitgeber teilweise oder vollständig Kosten für Fort- und Weiterbildungen ihrer Arbeitnehmer und schließen darüber (gesonderte) Fortbildungsvereinbarungen. Diese enthalten regelmäßig Klauseln, mit denen der Arbeitnehmer an den Kosten für die Fortbildung wenigstens mittelbar beteiligt wird. Die Kostenbeteiligung wird in der Regel durch eine vertraglich festgelegte Zeitdauer künftiger Betriebstreue im Anschluss an die Fortbildung abgesichert. Der Arbeitnehmer verpflichtet sich im Fall einer vom Arbeitgeber (teil- oder voll-) finanzierten Fortbildung in der Regel, das Arbeitsverhältnis nach Abschluss der Fortbildung für eine bestimmte Dauer fortzusetzen (Bindungsdauer).
Für den Fall, dass der Arbeitnehmer vor Ablauf der vertraglichen Bindungsdauer aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet, wird er zur (anteiligen) Rückzahlung der arbeitgeberseitig entstandenen Kosten verpflichtet (Rückzahlungsverpflichtung). Damit will der Arbeitgeber sicherstellen, dass die Investition in die Ausbildung zumindest für einen Mindestzeitraum dem Unternehmen – und nicht dem Wettbewerb – zu Gute kommt.
Die Rechtsprechung erachtet derartige Rückzahlungsverpflichtungen generell als zulässig. Allerdings stellen sie in der Regel allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) dar, da sie vom Arbeitgeber vorformuliert und für eine Vielzahl von Verträgen verwendet und der anderen Vertragspartei (dem Arbeitnehmer) bei Abschluss des Vertrags gestellt werden. Dies führt dazu, dass Rückzahlungsklauseln regelmäßig einer Inhaltskontrolle unterliegen und insbesondere dann unwirksam sind, wenn sie den Arbeitnehmer „unangemessen benachteiligen“, z.B. weil die Bindungsdauer in einem unangemessenen Verhältnis zur Höhe der Fortbildungskosten steht. Andererseits kann sich die Unwirksamkeit der Klausel auch aus einem Verstoß gegen Transparenzgebot ergeben, z.B. dann, wenn der Arbeitnehmer aus dem Inhalt nicht die Rückzahlungsvoraussetzungen konkret ableiten kann.
Maßgeblich sind letztlich die Umstände des Einzelfalls, insbesondere natürlich die genauen Formulierungen in der Fortbildungsvereinbarung.
Sachverhalt
Die beklagte Arbeitnehmerin war von Juni 2017 bis Januar 2020 als Altenpflegerin in einer Reha-Klinik beschäftigt. 2019 schlossen Arbeitnehmerin und Arbeitgeber einen Fortbildungsvertrag, dem zufolge die Arbeitnehmerin im Zeitraum von Juni bis Dezember 2019 an 18 Arbeitstagen an einer Fortbildung zum „Fachtherapeut Wunde ICW“ teilnehmen sollte. Für die Dauer der Fortbildung wurde die Arbeitnehmerin bezahlt freigestellt.
Die Klägerin verpflichtete sich zur Übernahme der durch die Teilnahme an der Fortbildung entstehenden Kosten i.H.v. EUR 4.090 die sich aus Kursgebühren i.H.v. EUR 1.930 und einer bezahlten Freistellung i.H.v. EUR 2.160 zusammensetzten. Des Weiteren heißt es im Fortbildungsvertrag:
- Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, das Arbeitsverhältnis nach dem Ende der Fortbildung für mindestens 6 Monate fortzusetzen.
- Scheidet der Arbeitnehmer aufgrund einer eigenen ordentlichen nicht vom Arbeitgeber zu vertretenden oder einer eigenen außerordentlichen nicht vom Arbeitgeber zu vertretenden Kündigung oder aufgrund einer vom Arbeitgeber erklärten verhaltensbedingten ordentlichen oder außerordentlichen Kündigung vor Ablauf der in Abs. 1 genannten Bindungsfrist aus den Diensten des Arbeitgebers aus, so hat der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber die vom Arbeitgeber übernommenen Gesamtkosten an diesen zurückzuzahlen. Die Rückzahlungspflicht gilt auch im Falle einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch einen vom Arbeitnehmer veranlassten Aufhebungsvertrag. Für je einen vollen Monat der Beschäftigung nach dem Ende der Fortbildung werden 1/6 des gesamten Rückzahlungsbetrages erlassen.
Die Beklagte schloss die im Fortbildungsvertrag vorgesehene Fortbildungsmaßnahme am 3. Dezember 2019 erfolgreich ab. Mit Schreiben vom 29. November 2019 kündigte sie das mit der Klägerin bestehende Arbeitsverhältnis zum 1. Februar 2020. Daraufhin forderte die Klägerin sie mit Schreiben vom 30. Dezember 2019 auf, die ihr entstandenen Fortbildungskosten anteilig i.H.v. EUR 2.726 zurückzuzahlen.
Das Arbeitsgericht Würzburg sowie das Landesarbeitsgericht Nürnberg (LAG) hatten die Klage abgewiesen.
Die Entscheidung
Das BAG schloss sich der Ansicht des LAG an und wies die von der Arbeitgeberin eingelegte Revision zurück.
Die Rückzahlungsklausel als AGB führe zu einer unangemessenen Beeinträchtigung und sei deshalb unwirksam. Unangemessen sei jede Beeinträchtigung eines rechtlich anerkannten Interesses des Arbeitnehmers, die nicht durch begründete und billigenswerte Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt sei oder durch gleichwertige Vorteile ausgeglichen werde.
Das BAG führt aus, dass es nicht zulässig sei, die Rückzahlungspflicht schlechthin an das Ausscheiden aufgrund einer Eigenkündigung des Arbeitnehmers innerhalb der vereinbarten Bindungsfrist zu knüpfen, also keine Ausnahme vorzusehen. Vielmehr müsse nach dem Grund des vorzeitigen Ausscheidens differenziert werden. Beispielsweise könne der Arbeitnehmer unverschuldet in die Lage versetzt werden (z.B. aufgrund von Krankheit), seine arbeitsvertragliche Pflicht nicht mehr erfüllen zu können. In diesem Fall bestünde kein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers, die Rückzahlungsverpflichtung an eine Eigenkündigung des Arbeitnehmers zu knüpfen. Unabhängig von der Kündigung könne der Arbeitgeber die Qualifikation des Arbeitnehmers in diesem Fall bis zum Ablauf der Bindungsdauer ohnehin nicht nutzen. Der Umstand, dass sich die Investition in die Fortbildung eines Arbeitnehmers aufgrund unverschuldeter dauerhafter Leistungsunfähigkeit für ihn nicht amortisiere, sei dem unternehmerischen Risiko zuzurechnen.
Praxishinweis
Die Entscheidung des BAG verdeutlicht einmal mehr, dass an Rückzahlungsklauseln in Fortbildungsvereinbarungen hohe Anforderungen gestellt werden, um diese rechtssicher zu gestalten.
Im konkreten Fall hätte die Klausel so umformuliert werden müssen, dass eine Rückzahlungspflicht entfällt, sofern eine personenbedingte Eigenkündigung auf nicht vom Arbeitnehmer zu vertretenden Gründen beruht.
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