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Covid 19 – Aussetzung der Insolvenzantragspflicht und andere Änderungen im Bereich des Insolvenzrechts


Die Insolvenzantragspflicht wird bis Ende September 2020 ausgesetzt, um zu vermeiden, dass Unternehmen allein deshalb einen Insolvenzantrag stellen müssen, weil öffentliche Hilfen sie nicht rechtzeitig erreichen bzw. Finanzierungs- oder Sanierungsverhandlungen nicht innerhalb der drei Wochen abgeschlossen werden können, binnen derer normalerweise ein Insolvenzantrag zu stellen ist.

Im Folgenden zeigen wir, unter welchen Bedingungen die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht zur Anwendung kommt und welche weiteren Änderungen im Bereich des Insolvenzrechts zur Abmilderung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Epidemie eingeführt wurden.


Welche Voraussetzungen muss ein Unternehmen erfüllen, um von der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht profitieren zu können?


Voraussetzung für die Aussetzung ist, dass der Insolvenzgrund (also Zahlungsunfähigkeit, drohende Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung) auf den Auswirkungen der Corona-Epidemie beruht. Außerdem soll die Aussetzung nur dann greifen, wenn für das Unternehmen Aussichten auf Sanierung bestehen, sei es aufgrund eines laufenden Antrags auf öffentliche Hilfen oder wegen ernsthafter Finanzierungs- oder Sanierungsverhandlungen. Sofern das Unternehmen am 31. Dezember 2019 nicht zahlungsunfähig war, wird vermutet, dass die Insolvenzreife auf den Auswirkungen der Corona-Epidemie beruht und, dass Aussichten auf die Beseitigung des Insolvenzgrundes bestehen.


Wenn die Geschäftsführung bzw. der Vorstand nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit bzw. Überschuldung Zahlungen vornimmt, kann dies zu einer zivilrechtlichen Haftung von Geschäftsführung und Vorstand führen. Wie wirkt sich die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht auf diese Haftung aus?


Soweit die Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags ausgesetzt ist, sind Zahlungen, die im ordnungsgemäßen Geschäftsgang erfolgen, insbesondere solche, die der Aufrechterhaltung oder Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebes oder der Umsetzung eines Sanierungskonzepts dienen, als mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters vereinbar anzusehen. Aus solchen Zahlungen sollen entsprechend auch keine Haftungsfolgen abgeleitet werden können; dies bedeutet eine erhebliche Haftungserleichterung für Geschäftsleiter für Zahlungen nach Eintritt der Insolvenzreife.


Gibt es weitere Dinge, die Unternehmen während des Aussetzungszeitraums beachten müssen?


Rückzahlungen von im Aussetzungszeitraum gewährten neuen Krediten und die Bestellung von Kreditsicherheiten für solche Kredite gelten bis zum 30. September 2023 als nicht gläubigerbenachteiligend und sind somit in einer etwaigen späteren Insolvenz nur eingeschränkt anfechtbar. Dies gilt auch für Rückzahlungen von im Aussetzungszeitraum gewährten Gesellschafterdarlehen bis zum 30. September 2023. Darüber hinaus ist zu beachten, dass bis zum 30. September 2020 neu gewährte Kredite und Besicherungen nicht als sittenwidriger Beitrag zu einer Insolvenzverschleppung anzusehen sind. Dies dürfte die Kreditvergabe erheblich erleichtern, da auf die Vorlage eines Sanierungsgutachtens in Fällen dieser Art wohl verzichtet werden kann. Diese Privilegierungen gelten uneingeschränkt auch für die von der Kreditanstalt für Wiederaufbau und ihren Finanzierungspartnern oder von anderen Institutionen im Rahmen staatlicher Corona-Hilfsprogramme gewährten Kredite und zwar auch dann, wenn der Kredit nach dem Ende des Aussetzungszeitraums gewährt oder besichert wird. Zu beachten ist zudem, dass die Eröffnung des Insolvenzverfahrens bei Gläubigerinsolvenzanträgen bis zum 28. Juni 2020 zusätzlich voraussetzt, dass der Insolvenzgrund bereits am 1. März 2020 vorlag.


Was passiert, wenn die Bearbeitung des Antrags auf öffentliche Hilfen bis Ende September 2020 noch immer nicht abgeschlossen ist?


Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz soll die Aussetzungsmaßnahmen im Wege einer Verordnung bis höchstens zum 31. März 2021 verlängern können.


Was bedeutet es für die Geschäftspartner bzw. Gläubiger der betroffenen Unternehmen, wenn ihr Lieferant oder Kunde monatelang zahlungsunfähig oder überschuldet ist, ohne dass ein Insolvenzantrag gestellt wird?


Sobald sich Anhaltspunkte ergeben, dass ein Geschäftspartner infolge der Corona-Epidemie in Zahlungsschwierigkeiten geraten ist, sollten die üblichen Maßnahmen ergriffen werden, die auch sonst im Geschäftsverkehr mit anderen Unternehmen in der Krise gelten, sei es auf Lieferanten- oder Kundenseite. Gern beraten wir Sie zum angemessenen Vorgehen in Ihrem Fall.


Wenn Sie Fragen im Zusammenhang mit der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht und deren Auswirkungen oder zu einem der anderen oben beschriebenen Aspekte haben, wenden Sie sich gern an Ihre üblichen Ansprechpartner oder an info@kallan-legal.de.


Die Situation infolge der Auswirkungen des Coronavirus verändert sich schnell. Die obigen Informationen spiegeln die Situation am 3. April 2020 wider, die sich seitdem möglicherweise geändert hat.