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Covid 19 – Häufige Fragen rund um die Einführung von Kurzarbeit


Die Covid 19-Pandemie hat nicht nur Auswirkungen auf die Gesundheit und das gesellschaftliche Leben, sondern auch schwerwiegende wirtschaftliche Folgen. Viele Unternehmen haben bereits Kurzarbeit eingeführt oder prüfen derzeit, ob die Einführung von Kurzarbeit möglich ist, um dadurch negative wirtschaftliche Folgen abzufedern. Um die negativen wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie abzumildern, haben der Bundestag und der Bundesrat in einem Schnellverfahren ein Gesetz für eine Erleichterung beim Kurzarbeitergeld beschlossen, welches rückwirkend zum 1. März 2020 gilt. Hierdurch wird die Bundesregierung ermächtigt, durch Rechtsverordnung erleichterte Anforderungen an den Bezug von Kurzarbeitergeld zu erlassen. 

 

Nachfolgend finden Sie Antworten auf häufige Fragen im Zusammenhang mit der Einführung von Kurzarbeit unter Berücksichtigung der Gesetzesänderung. 

Unsere Arbeitsrechts-Gruppe unterstützt Sie gerne bei der Einführung von Kurzarbeit und bei diesbezüglichen Fragen.

Können Arbeitgeber Kurzarbeit einseitig anordnen?


Nein, für die Einführung von Kurzarbeit bedarf es einer Rechtsgrundlage in Form einer tarifvertraglichen Bestimmung, Betriebsvereinbarung oder einzelvertraglicher Regelung.


In Betrieben ohne Betriebsrat kann der Arbeitgeber Kurzarbeit nur über anwendbare Tarifverträge oder Arbeitsverträge, die eine Ermächtigung des Arbeitgebers hierzu beinhalten (Kurzarbeitsklauseln), einführen. Wenn keine tarifvertraglichen Regelungen bestehen und die Arbeitsverträge keine Kurzarbeitsklauseln enthalten, ist die Einführung nur über eine ergänzende einzelvertragliche Vereinbarung möglich. Sofern Arbeitnehmer zur Unterzeichnung solcher Ergänzungsvereinbarungen nicht bereit sind, bleibt theoretisch nur die Möglichkeit, Änderungskündigungen auszusprechen, um die Verkürzung der Arbeitszeit durchzusetzen.


In Betrieben mit Betriebsrat besteht zusätzlich die Möglichkeit, Kurzarbeit auf Grundlage einer allgemeinen Betriebsvereinbarung einzuführen, die für eine Vielzahl von Fällen gelten soll. Die Betriebsvereinbarung wirkt unmittelbar und zwingend, d.h. sie geht einzelvertraglichen Regelungen vor und ermöglicht dadurch die Einführung von Kurzarbeit auch ohne Zustimmung jedes einzelnen Arbeitnehmers. Diese müsste dann in der jetzigen Situation – ggf. unter Mitwirkung des Betriebsrats – für die jetzige Situation umgesetzt werden. Sollte keine entsprechende Betriebsvereinbarung bestehen, so muss das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats gewahrt werden, also eine Betriebsvereinbarung vereinbart werden. Dieses erstreckt sich u.a. auf die Frage, ob und in welchem Umfang, ggf. für welche Abteilungen, Kurzarbeit eingeführt werden soll und wie die geänderte Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage zu verteilen ist, aber auch die Regelung von Urlaub u.ä..


Müssen in Betrieben mit zulässigen Arbeitszeitschwankungen diese vor Einführung von Kurzarbeit ganz oder teilweise genutzt werden?


Hinsichtlich der Nutzung von im Betrieb zulässigen Arbeitszeitschwankungen gilt, dass die Inanspruchnahme von Arbeitszeitguthaben vorrangig gegenüber der Kurzarbeit mit Zahlung von Kurzarbeitergeld (Kug) ist. Kurzarbeitergeld wird daher nicht gezahlt, wenn der Arbeitsausfall durch die Nutzung zulässiger Arbeitszeitschwankungen vermeidbar ist. Das bedeutet, dass, sofern Arbeitgeber den Einsatz von positiven Arbeitszeitsalden anordnen können, der Arbeitsausfall in diesem Umfang zunächst vermeidbar ist. Kann der Arbeitgeber dies nicht anordnen z.B. aufgrund bestehender betriebsinterner Regelungen, ist der Arbeitsausfall unvermeidbar und das Arbeitszeitguthaben muss nicht abgebaut werden. Maßgeblich sind die jeweils geltenden tarif-, betriebsverfassungsrechtlich- oder einzelvertraglichen Regelungen.

 

Eine Erleichterung stellt in diesem Zusammenhang nun – im Rahmen der „Corona Verordnung" – die Möglichkeit des Verzichts auf den Aufbau von negativen Arbeitszeitsalden dar. Vor der Gesetzesänderung waren Betriebe, in denen Vereinbarungen zu Arbeitszeitschwankungen genutzt wurden, auch verpflichtet, den Aufbau negativer Arbeitszeitsalden vorzunehmen. Durch die Änderung des Gesetzes kann hierauf nun verzichtet werden und nur positive Arbeitszeitsalden müssen gegebenenfalls eingesetzt werden, bevor Kug gezahlt wird.


Müssen und können Arbeitgeber vor Einführung oder zur Vermeidung von Kurzarbeit zunächst Urlaub anordnen?


Sozialversicherungsrechtlich ist die Antwort eindeutig: Kurzarbeitergeld wird nicht gezahlt, wenn der Arbeitsausfall durch die Gewährung von bezahltem Erholungsurlaub ganz oder teilweise vermieden werden kann. Zu den zumutbaren Vorkehrungen, um Arbeitsausfall zu vermeiden, zählt es, den Arbeitsausfall möglichst durch Gewährung von Urlaub zu verhindern, soweit dem nicht die ausdrücklich als vorrangig gewerteten Urlaubswünsche der betroffenen Arbeitnehmer entgegenstehen. War der Urlaub aber bereits durch eine frühzeitige Urlaubsplanung für eine Zeit festgelegt, in der Kurzarbeit anfällt und soll nunmehr – zulasten der Kurzarbeitergeldregelung – davon abgewichen werden, ist ein unvermeidbarer Arbeitsausfall in der Regel zu verneinen.

  

Gleiches gilt nach Auslegung der Bundesagentur für Arbeit, wenn die Kurzarbeit gegen Ende eines Urlaubsjahres eingeführt wird, noch Resturlaubsansprüche aus dem vergangenen Jahr bestehen und der Arbeitgeber keine Bestimmung über den Antritt des Urlaubs trifft, obwohl die Arbeitnehmer keine abweichenden Urlaubswünsche haben.


Wie wirkt sich Urlaubsnahme während der Kurzarbeit auf den Erhalt von Kurzarbeitergeld aus?


Wird Kurzarbeit auf Basis von arbeitsvertraglichen Kurzarbeitsklauseln eingeführt und tritt der Arbeitnehmer einen in diesen Zeitraum fallenden Urlaub an, erhält der Arbeitnehmer für den Zeitraum des Urlaubs kein Kurzarbeitergeld sondern Urlaubsentgelt, da dieser konkrete Arbeitsausfall durch die Gewährung von bezahltem Erholungsurlaub vermeidbar war. Er erhält dann wie üblich Urlaubsentgelt.


Dies gilt aber nicht bei Einführung von Kurzarbeit „Null" aufgrund einer Betriebsvereinbarung. Hier ist der Arbeitnehmer von seiner Arbeitspflicht wegen Kurzarbeit und nicht aufgrund der Urlaubserteilung befreit. Die Befreiung von der Arbeitspflicht durch die Betriebsvereinbarung hat Vorrang vor der individuellen Befreiung von der Arbeitspflicht durch die Urlaubserteilung des Arbeitgebers. Bei der Formulierung von entsprechenden Betriebsvereinbarungen sollte dies beachtet werden, da der Arbeitgeber sonst ggf. Urlaub nachgewähren muss und fälschlicherweise geleistetes Urlaubsentgelt unter Umständen nicht erstattet bekommt.


Hat die Gewährung von Kurzarbeit im Arbeitsjahr Auswirkungen auf das Urlaubsentgelt des Arbeitnehmers?


Das Urlaubsentgelt richtet sich gemäß dem BUrlG nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst der letzten dreizehn Wochen vor Beginn des Urlaubs. 

Verdienstkürzungen im Berechnungszeitraum infolge von Kurzarbeit, Arbeitsausfällen oder unverschuldeter Arbeitsversäumnis bleiben nach dem BUrlG grundsätzlich außer Betracht. Insofern hat die Einführung von Kurzarbeit keine Auswirkungen auf das Urlaubsentgelt. 


Wie hoch ist das Kurzarbeitergeld?


Die Höhe des Kug richtet sich nach dem so genannten pauschalierten Nettoentgeltausfall im Anspruchszeitraum (Kalendermonat). Das ist der Unterschiedsbetrag (die Nettoentgeltdifferenz) zwischen dem pauschalierten Nettoentgelt aus dem Sollentgelt (beitragspflichtiges Bruttoentgelt ohne den Arbeitsausfall) und dem pauschalierten Nettoentgelt aus dem Istentgelt (tatsächliches Bruttoentgelt im Monat der Kurzarbeit). Das Sollentgelt berechnet sich aus dem „regelmäßigen laufenden Arbeitseinkommen im Berechnungszeitraum. Dazu gehören neben dem monatlichen Festgehalt, zum Beispiel auch Zulagen, Sachbezüge und Provisionen (Durchschnitt der drei letzten Monate). Nicht berücksichtigt werden Überstunden- bzw. Mehrarbeitsvergütungen, einmalige Zuwendungen und Aufwandsentschädigungen.


Als Kug werden dann 60 bzw. 67 Prozent, wenn mindestens ein Kind mit im Haushalt lebt, der Nettoentgeltdifferenz gewährt. Als Sollentgelt ist aber grundsätzlich nur das regelmäßig laufende Bruttoarbeitsentgelt im Sinne der Sozialversicherung bis zur Beitragsbemessungsgrenze zur gesetzlichen Ren-tenversicherung (EUR 6.900 „West", EUR 6.450 „Ost"). zu berücksichtigen. Wie beim Arbeitslosengeld ist damit der Entgeltausfall bis zu dem Entgelt abgesichert, bis zu dem Beiträge entrichtet werden. Liegt auch während der Kurzarbeit das erzielte Istentgelt oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze, kann daher kein Kurzarbeitergeld gezahlt werden.


Zur Ermittlung der Höhe des Kug stellt die Agentur für Arbeit eine „Tabelle zur Berechnung des Kurzarbeitergeldes (Kug)" zur Verfügung, aus der bei dem jeweiligen Bruttoarbeitsentgelt (Soll- und Ist-Entgelt) die pauschalierten monatlichen Nettoentgelte unter Berücksichtigung der Leistungssätze 1 und 2 (67 oder 60 Prozent) und der auf der elektronischen Lohsteuerkarte des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin eingetragenen Lohnsteuerklasse abgelesen werden können (sogen. rechnerische Leistungssätze).


Schließt die Anordnung von Kurzarbeit Kündigungen aus?


Nein, der Arbeitgeber ist auch während eines Kurzarbeitszeitraums zum Ausspruch von Kündigungen – z.B. personen- und verhaltensbedingter - berechtigt. Stellt der Arbeitgeber während der Kurzarbeitsphase fest, dass entgegen seiner früheren Einschätzung doch ein Umstand vorliegt, der zu einem dauerhaften Arbeitsausfall führt, z.B. wegen des Outsourcings einer Funktion, kann er nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auch eine betriebsbedingte Kündigung aussprechen. Die betriebsbedingte Kündigung darf sich jedoch nicht ausschließlich auf Gründe stützen, die bereits zur Anordnung der Kurzarbeit geführt haben.


Wie wirkt sich eine Kündigung während der Kurzarbeit auf den Erhalt von Kurzarbeitergeld aus?


Mit der Kündigung erlischt gleichzeitig der Anspruch auf Kurzarbeitergeld, da die Zahlung dann nicht mehr Überbrückungshilfe bis zur Rückkehr auf die regelmäßige Arbeitszeit ist, sondern eben der Arbeitsplatz dauerhaft entfällt. Hier fehlt der sachliche Grund zur Zahlung von Kurzarbeitergeld.

 

Für sämtliche in diesem Zusammenhang entstehenden Fragen wenden Sie sich gern an Ihre gewohnten Ansprechpartner unserer Arbeitsrechts-Gruppe oder an info@kallan-legal.de .

 

Die Situation infolge der Auswirkungen des Coronavirus verändert sich schnell. Die obigen Informationen spiegeln die Situation am 8. April 2020 wider, die sich seitdem möglicherweise geändert hat.