Wirksamkeit eines Aufhebungsvertrages mit Betriebsratsmitglied
Das BAG beschäftigte sich in seinem Urteil vom 16. März 2018, Az. 7 AZR 590/16 mit der Frage, ob der zwischen einem Arbeitgeber und einem Betriebsratsmitglied geschlossene Aufhebungsvertrag, eine unzulässige Begünstigung darstellen kann.
Sachverhalt
Der Kläger war seit 1983 bei der Beklagten beschäftigt und seit 2006 Vorsitzender des Betriebsrats und des Gesamtbetriebsrates. Die Beklagte wollte das Arbeitsverhältnis zum Kläger aus verhaltensbedingten Gründen wegen „sexueller Belästigung" der Sekretärin des Betriebsrats außerordentlich kündigen. Dazu leitete sie ein Verfahren zur Ersetzung der Betriebsratszustimmung zur außerordentlichen Kündigung beim Arbeitsgericht ein. Die Parteien einigten sich im Juli 2013 außergerichtlich auf den Abschluss eines Aufhebungsvertrages, der die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum Ende 2015, die Freistellung unter Fortzahlung der Vergütung sowie die Zahlung einer Abfindung in Höhe von EUR 120.000 Netto vorsah. Nachdem der Kläger vereinbarungsgemäß von seiner Position als Betriebsrat zurücktrat und die vereinbarte Abfindung erhielt, klagte er auf Feststellung des Fortbestandes des Arbeitsverhältnisses. Er war der Auffassung, dass der Aufhebungsvertrag nichtig sei, da er in unzulässiger Weise als Betriebsratsmitglied begünstigt worden sei. Die Klage blieb in allen Instanzen erfolglos.
Entscheidungsgründe
Der BAG war der Auffassung, dass auch bei Abschluss eines großzügigen Aufhebungsvertrages (hier: z.B. mehr als zweijährige Freistellungsphase, Zusage einer Nettoabfindung), kein Verstoß gegen das in § 78 S. 2 BetrVG Begünstigungsverbot von Betriebsratsmitgliedern zu sehen sei. Vereinbarungen, die gegen dieses Verbot verstoßen, sind nach § 134 BGB nichtig. Grundsätzlich, so jedoch das BAG, stelle der Abschluss eines Aufhebungsvertrages keine solche Begünstigung dar. Hier war schließlich augenfällig, dass – wenn der Arbeitnehmer nicht Mitglied des Betriebsrats gewesen wäre – er wohl kaum eine so günstige Vereinbarung verhandeln hätte können. Soweit die Verhandlungsposition des Betriebsratsmitglieds günstiger sei als die eines Arbeitnehmers ohne Betriebsamt, sei dies, so das BAG, auf den Sonderkündigungsschutz des Betriebsrats zurückzuführen.
Fazit
Eine Rückkehr des Klägers auf seine Stelle ist ausgeschlossen. Hier ist dem Arbeitgeber auch ein Prozess um die Rückforderung der Abfindungszahlung erspart. Ein solcher Anspruch hätte bei Unwirksamkeit des Aufhebungsvertag zwar bestanden, jedoch ist davon auszugehen, dass der Kläger das Geld bereits überwiegend verbraucht hatte und somit die Aussichten auf eine tatsächliche Rückzahlung eher gering ausfallen würden. Das BAG schafft mit dieser Entscheidung Rechtssicherheit für Arbeitgeber, die sich durch den Abschluss eines Aufhebungsvertrages von einem Betriebsratsmitglied trennen wollen. Der Sonderkündigungsschutz verbirgt ein erhöhtes finanzielles Risiko wegen der in Betracht kommenden gerichtlichen Verfahren, sodass Abfindungen höher ausfallen dürfen als bei nicht besonders geschützten Arbeitnehmern. Es bleibt jedoch zumindest von außen betrachtet ein „schaler Beigeschmack", wenn es auf Grund des Sonderkündigungsschutzes gelingt, diesen und somit die Betriebsratstätigkeit „zu Geld zu machen".
Autorin: Jessica Petrale, Jessica.Petrale@kallan-legal.de
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