Wann darf der Betriebsrat vom Arbeitgeber die Namen von schwangeren Arbeitnehmerinnen verlangen?
Das BAG hat datenschutzrechtlich dazu Stellung genommen, wann ein Betriebsrat einen Anspruch auf Auskunft über sensitive Daten der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, hier bzgl. einer Schwangerschaft, hat und wann nicht: Die Auskunft über das Datum muss unerlässlich für die Wahrnehmung der gesetzlichen Aufgabe des Betriebsrates sein. Außerdem muss er sicherstellen, dass im Betrieb angemessene und spezifische Schutzmaßnahmen zur Wahrung von Interessen der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen getroffen werden. Hierfür trägt der Betriebsrat die Darlegungs- und Beweislast trotz des Widerspruchs der Arbeitnehmerin.
Sachverhalt
Dem Betriebsrat wurde im Unternehmen der Arbeitgeberin regelmäßig Namen von schwangeren Arbeitnehmerinnen mitgeteilt. Die Arbeitgeberin räumte jedoch ihren Arbeitnehmerinnen die Möglichkeit ein, gegen die Unterrichtung des Betriebsrats darüber, dass sie schwanger sind, fristgebunden zu widersprechen. In den Fällen, in denen ein solcher Widerspruch stattgefunden hat, unterblieb die Auskunft. Der Betriebsrat beantragte daraufhin beim Arbeitsgericht München die Durchsetzung seines nach seiner Ansicht bestehenden Auskunftsanspruchs aus § 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG.
Nachdem das Gericht dem Antrag des Betriebsrats stattgegeben hatte, bestätigte das Landesarbeitsgericht München diesen Beschluss in zweiter Instanz. Das BAG hob im Rechtsbeschwerdeverfahren daraufhin am 9. April 2019 (Az. 1 ABR 51/17) den Beschluss des LAG München auf und verwies die Sache zurück, ohne selbst zu entscheiden.
Hintergrund
Der Betriebsrat begründete seine Position damit, dass er gem. § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG als Kon-trollorgan die Einhaltung von Arbeitnehmerschutzvorschriften, darunter das Mutterschutzgesetz (MuSchG), durch die Arbeitgeberin zu überprüfen hatte. Seine Informations- und Kontrollrechte seien gegenüber dem Vertraulichkeitsinteresse einer widersprechenden Arbeitnehmerin vorrangig.
Dieser allgemein gehaltene Verweis auf gesetzliche Schutzpflichten des Arbeitgebers gegenüber Arbeitnehmern war dem BAG zu wage. Um zu wissen, welche Information für die Aufgabenwahrnehmung des Betriebsrates unerlässlich ist, muss die Aufgabe konkret dargelegt werden, so das BAG. Kann der Schutz nur im Hinblick auf konkrete betriebliche Begebenheiten greifen, sind diese ebenfalls anzugeben. Die Anwendung der Mutterschutzvorschriften stehe nicht zur Disposition der werdenden Mütter, was zur Folge hat, dass auch bei vorliegendem Widerspruch der Betriebsrat die Aufgabe hat, die Gewährleistung des Mutterschutzes durch den Arbeitgeber zu kontrollieren.
Datenschutzrechtlich richtet sich die Verarbeitung der Namen von schwangeren Arbeitnehmerinnen nach § 26 Abs. 3 BDSG. Es handelt sich bei den Namen um Gesundheitsdaten i.S.v. Art. 4 Nr. 15 DSGVO. Die Verarbeitung solcher Daten kann gem. Art. 9 Abs. 2 lit. b DSGVO nach mitgliedstaatlichem Recht zulässig sein, wenn sie erforderlich ist, damit der Verantwortliche die ihm aus dem Arbeitsrecht erwachsenden Rechte ausüben und seinen diesbezüglichen Pflichten nachkommen kann, wobei das nationale Recht geeignete Garantien für die Grundrechte und die Interessen der betroffenen Person vorsehen muss. Mit der Regelung des § 26 Abs. 3 BDSG hat der Gesetzgeber in zulässiger Weise von dieser Öffnungsklausel Gebrauch gemacht.
Insbesondere erfordert die Zulässigkeit der Datenverarbeitung nach § 26 Abs. 3 Satz 1 BDSG ausdrücklich, dass kein Grund zu der Annahme besteht, dass das schutzwürdige Interesse der betroffenen Person an dem Ausschluss der Verarbeitung überwiegt. Dies wird durch den Verweis auf § 22 Abs. 2 BDSG sichergestellt, der angemessene und spezifische Maßnahmen zur Wahrung der Interessen der betroffenen Person vorschreibt.
Solche können Maßnahmen zur Datensicherheit wie das zulässige Sicherstellen des Verschlusses der Daten, die Gewähr begrenzter Zugriffsmöglichkeiten auf einzelne Betriebsratsmitglieder sowie die Datenlöschung nach Beendigung der Überwachungsaufgabe sein. Für die Installation dieser Vorkehrungen ist der Betriebsrat verantwortlich.
Liegen die beschriebenen Voraussetzungen für die Datenverarbeitung vor, ist sie DSGVO- und BDSG-konform. Sie kann dann nicht mehr das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmerin verletzen und wahrt den in Art. 6 Abs. 4 GG verankerten Schutz- und Fürsorgeanspruch der werdenden Mutter.
Ausblick
Schwangere Arbeitnehmerinnen sind aus Achtung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung weiterhin nicht gezwungen, zu offenbaren, dass sie schwanger sind. Je früher sie es aber machen, desto früher ist der Arbeitgeber an mutterschutzrechtliche Vorschriften gebunden, was der Betriebsrat zu überwachen hat.
Sollten geeignete Datenschutzvorkehrungen im Betrieb bestehen, kann der Betriebsrat vom Arbeitgeber auch die Auskunft über sensitive Daten der Arbeitnehmer verlangen, solange sie erforderlich dafür sind, dass er seinen konkret zu beschreibenden gesetzlichen Aufgaben nachkommt. Voraussetzung ist jedoch, dass der Betriebsrat konkret darlegt aus welchem spezifischen Grund diese Information erforderlich ist. Es reicht nicht ein Verweis auf allgemeine Aufgaben wie „Überwachung der Gesetze".
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