Verhaltensbedingte Kündigung aufgrund von Arbeitsfehlern
In seinem Urteil vom 24. März 2017, Az. 4 Sa 876/16, hatte sich das LAG Köln mit der Frage zu beschäftigen, inwieweit Verstöße des Arbeitnehmers gegen seine ihm obliegenden arbeitsvertrag-lichen Leistungspflichten eine verhaltensbedingte Kündigung legitimieren kann. Fehler der Min-derleistung von Arbeitnehmer sind ein ständiger Quell für Fragen der Kündigungsrechtfertigung.
Sachverhalt
Der Kläger ist seit dem Jahre 1999 bei dem beklagten Speditionsunternehmen als Lagerarbeiter tätig. Nach der Arbeitsanweisung der Spedition ist die Ware erst bei der Verladung in den ent-sprechenden Lastwagen zu scannen. Somit soll das Einscannen der gesamten Ware vor dem Be-ladevorgang verhindert werden. Der Kläger wurde wegen der falschen Beladung eines Lastwa-gens und einer verspäteten Benachrichtigung über eine Arbeitsunfähigkeit jeweils zweimal ab-gemahnt. Als der Kläger wiederum einen Lastwagen fehlerhaft belud, in dem nach Beendigung seiner Arbeit fünf Rollcontainer und eine Transportkühlbox nicht in den Lastwagen verladen wurden und somit der LKW geräumt und nachgeladen werden musste, kündigte der Arbeitgeber dem Kläger ordentlich. Hiergegen erhob der Kläger vor dem Arbeitsgericht Kündigungsschutz-klage. Das Arbeitsgericht und das LAG gaben der Klage statt.
Entscheidungsgründe
Die ordentliche Kündigung ist unwirksam, da es – nach Ansicht des Gerichts – an einer sozialen Rechtfertigung der Kündigung mangele. Eine verhaltensbedingte Kündigung ist grundsätzlich in Betracht zu ziehen, wenn der Arbeitnehmer durch sein Verhalten eine Vertragspflicht erheblich schuldhaft verletzt, sodass das Arbeitsverhältnis beeinträchtigt wird, eine zumutbare Weiterbe-schäftigungsmöglichkeit nicht besteht und unter Berücksichtigung der beidseitigen Interessen eine Vertragsauflösung angemessen ist. Vorliegend fiel die Interessenabwägung zugunsten des Klägers aus.
Qualitative Minderleistungen, die die arbeitsvertraglichen Pflichten verletzen sind grundsätzlich jedoch geeignet eine Rechtfertigung der ordentlichen Kündigung zu begründen. Der Arbeitneh-mer wird durch den Arbeitsvertrag dazu verpflichtet, sein subjektives Leistungsvermögen auszu-schöpfen. Insofern muss er dabei mindestens ein durchschnittliches Arbeitsergebnis erzielen. Dies war hier offensichtlich nicht der Fall.
Im Rahmen der darüber hinaus vorzunehmenden Gesamtabwägung aller Umstände wirkte sich jedoch vor allem die langjährige und im überwiegenden Zeitraum fehlerfreie Zusammenarbeit positiv für den Arbeitnehmer aus. Das Gericht nahm daher zu Gunsten des Arbeitgebers die Be-rechtigung der Abmahnung an, aber auch das Vorliegen anderer vorgegebener, nicht abgemahn-ter Pflichtverletzungen. Insbesondere wäre nach dem letzten Arbeitsfehler – so jedenfalls nach Ansicht des Gerichts – eine nochmalige Abmahnung angemessen gewesen.
Fazit
Die Leistungspflicht des Arbeitnehmers orientiert sich an seiner persönlichen Leistungsfähigkeit. Dies bedeutet jedoch nicht, dass der Arbeitnehmer seine Leistung nach Belieben bestimmen kann. Vielmehr muss er seine persönliche Leistungsfähigkeit ausschöpfen, wobei diese für den Arbeitgeber nur schwer zu bestimmen ist. Insofern kann er auf das Leistungsniveau vergleichba-rer Arbeitnehmer abstellen und ermitteln, ob der Betroffene das Leistungsniveau unterschreitet. Grundsätzlich können somit Umstände, die als Leistungsmangel qualifiziert werden, eine Kündi-gung rechtfertigen. Jedoch muss auch die Abwägung aller übrigen Faktoren, deren Ergebnis schwer vorhersehbar ist, zu Gunsten des Arbeitgebers ausgehen. Der Leistungsmangel alleine rechtfertigt die Kündigung nicht.
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