Bundessozialgericht stärkt den Unfallschutz im Homeoffice
Das Bundessozialgericht (BSG) hat am 27. November 2018, Az. B 2 U 8/17 R, über die Gewährungen von Entschädigungen aus der gesetzlichen Unfallkasse bei Vorfällen während der Arbeit im Homeoffice entschieden.
Sachverhalt
Der Kläger war Geschäftsführer eines Unternehmens, das ein Versicherungsmaklerbüro betrieb. Sowohl die Geschäftsräume als auch die Wohnung des Klägers befanden sich in einem Mehrfamilienhaus, welche durch ein gemeinsames Treppenhaus verbunden waren. Im Kellergeschoss dieses Gebäudes befand sich die Serveranlage des Unternehmens. Am Unfalltag führte der Kläger nachts ein größeres Softwareupdate durch. Dazu musste er zwischen einem Rechner, der sich im Geschäftsraum befand und dem Serverraum im Keller hin und her gehen. Infolge eines Sturzes auf der Haustreppe zog er sich eine Beinfraktur zu.. Die Beklagte lehnte eine Entschädigung aus der gesetzlichen Unfallversicherung mit der Begründung ab, dass Wege, die sich zwischen Wohnung und Arbeitsstätte innerhalb eines auch anderweitig genutzten Gebäudes befänden, nicht vom Versicherungsschutz erfasst seien.
Das Sozialgericht hatte die Klage abgewiesen, da entscheidend sei, ob der Unfallort im wesentlichen Betriebszwecken diene. Vorliegend stünde das Treppenhaus allen Bewohnern des Hauses ebenso für rein private Zwecke zu. Eine Abstellung auf die konkrete Nutzung zum Unfallzeitpunkt erscheine im Interesse einer möglichst einheitlichen Bewertung nicht sachgerecht. Das Landessozialgericht hatte die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Zwar ereignete der Unfall sich, als der Kläger unmittelbar im Betriebsinteresse tätig gewesen sei, jedoch bestehe Versicherungsschutz nur dann, wenn der Unfallort dem Unternehmen diene und nicht dem rein persönlichen Lebensbereich zuzuordnen sei.
Die Entscheidung des BSG
Die Revision des Klägers vor dem BSG war im Sinne der Aufhebung des Urteils des Landessozialgerichts und der Zurückweisung der Sache begründet. Nach dem Urteil des BSG hat der Kläger einen Anspruch auf Entschädigungsleistung aus der gesetzlichen Unfallversicherung.
Das BSG entschied, dass die Voraussetzungen eines Arbeitsunfalls im Sinne des § 8 Abs.1 S.1 SGB VII nicht schon deshalb verneint werden dürfen, weil eine öffentlich zugängliche Treppe dem Betriebszweck nicht wesentlich diene, also diese weder eindeutig der Privatwohnung noch der Betriebsstätte zugeordnet werden könne. Bei Feststellung eines Arbeitsunfalls im häuslichen Bereich sei entscheidend, ob die objektive Handlungstendenz des Versicherten, eine dem Unternehmen dienende Tätigkeit ausüben zu wollen, bei der schadensverursachenden Handlung im Vordergrund stehe. Nicht mehr vorrangig sei auf die quantitativ zu bestimmende Häufigkeit der betrieblichen Nutzung des konkreten Unfallortes abzustellen. Eine objektive „Widmung" der jeweiligen Räumlichkeiten oder die Häufigkeit der betrieblichen Nutzung des konkreten Unfallortes sei damit nicht mehr das maßgebliche Abgrenzungskriterium.
Fazit
Durch diese Entscheidung wird ein Stück Klarheit bzgl. des Versicherungsschutzes bei der Arbeit im Homeoffice geschaffen. Dabei handelt es sich um eine positive Entwicklung. Die Rechtsprechung ist hier gefordert, gesetzliche Bestimmungen mit den Anforderungen der heutigen Arbeitswirklichkeit, wie den Besonderheiten des mobilen Arbeitens, in Einklang zu bringen. Die Gestaltung zunehmend flexibler Arbeitsformen, wie bei der Arbeit im Homeoffice, müssen auch bei Themen wie der Unfallversicherung neu entwickelt werden.
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