Rechtsmissbrauch bei sachgrundloser Befristung
Die Befristung eines Arbeitsvertrags ist für den Arbeitgeber gleich aus mehreren Gründen attraktiv: Sie ermöglicht ihm eine größere Flexibilität, um etwa eine Stelle für eine bestimmte Zeit vertreten zu lassen. Auch lässt sich „erproben", ob ein Arbeitnehmer auf Dauer der Richtige für die Stelle ist. Bei Befristungen über sechs Monaten hinaus lässt sich ggf. gesetzlicher Kündigungsschutz einschränken, wenn das Arbeitsverhältnis durch Zeitablauf sein Ende findet. Nach den gesetzlichen Veränderungen im TzBfG ist eine sachgrundlose Befristung im Zeitraum von – nach noch nicht geänderter Rechtslage – bis zu zwei Jahren mit „demselben Arbeitgeber" möglich, sofern mit dem Arbeitnehmer zuvor kein anderes Arbeitsverhältnis bestanden hat.
Dem Arbeitgeber mag es attraktiv erscheinen, Einschränkungen für die Befristung zu vermeiden und durch einen Arbeitgeberwechsel womöglich nicht zur Anwendung gelangen zu lassen, auch wenn der Arbeitnehmer – trotz „Arbeitgeberwechsel" – weiter dieselbe Tätigkeit verrichtet. In seinem Urteil vom 31. Januar 2019 (Az. 21 Sa 936/18) untersagte das LAG Berlin-Brandenburg eine solche Vertragsgestaltung.
Sachverhalt
Die Klägerin war als technische Assistentin in einer Arbeitsgruppe eines Labors angestellt. Ihr Arbeitsverhältnis, das ursprünglich zu einem universitätsnahen Forschungsverbund bestand, war sachgrundlos befristet. Um eine ununterbrochene Weiterbeschäftigung in der Arbeitsgruppe über die gesetzliche Höchstdauer zu gewährleisten, regte der Leiter der Arbeitsgruppe einen Arbeitgeberwechsel an. In diesem Zuge beendete die Klägerin das befristete Arbeitsverhältnis und schloss einen neuen Arbeitsvertrag mit der Beklagten ab. Auch dieser neue Vertrag war sachgrundlos befristet.
Dabei kam es aber nicht zu einer Veränderung der Arbeitssituation. Das Labor, in dem die Klägerin beschäftigt war, wurde von dem Forschungsverbund gemeinsam mit der Beklagten betrieben. Trotz des Arbeitgeberwechsels setzte die Klägerin daher ihre Arbeit dort unverändert zu den gleichen Bedingungen fort. Unter diesen Umständen wollte die Klägerin mit ihrer Entfristungsklage gerichtlich klären lassen, dass die Befristung ihres neuen Arbeitsvertrages unwirksam ist.
Urteil
Das Landesarbeitsgericht gab der Entfristungsklage der Klägerin in dieser Konstellation statt. Es sah die Vertragsgestaltung als rechtsmissbräuchlich an, weil sie ausschließlich dazu diente, eine eigentlich nicht (mehr) zulässige sachgrundlose Befristung zu ermöglichen. Keine Bedeutung maß das Gericht dem Umstand zu, dass die Arbeitgeber im Bereich der Forschung tätig sind.
Im vorliegenden Fall greift das Anschlussverbot zwar formal des § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG nicht, da hier zwei unterschiedliche Vertragsarbeitgeber involviert waren. Denn bei formaler Betrachtung handelt es sich bei dem Forschungsverbund, bei dem die Klägerin zunächst angestellt war, und dem Beklagten um zwei verschiedene Arbeitgeber. Eine Besonderheit besteht aber darin, dass der frühere und neue Arbeitgeber das Labor gemeinsam betrieben und dadurch rechtlich wie tatsächlich miteinander verbunden waren.
Der Grundsatz von Treu und Glauben verbiete es, so das Gericht, seine Gestaltungsmöglichkeiten so zum eigenen Vorteil auszunutzen, dass dies dem Gesetzeszweck widerspricht. Vorliegend nahm das Gericht einen solchen Rechtsmissbrauch an. Mit dem Arbeitgeberwechsel sei nur bezweckt worden, die rechtlichen Befristungsgrenzen zu umgehen und eine erneute Befristung über die zeitlichen Limitierungen hinaus zu ermöglichen. Dieser Methode erteilte das Gericht eine Absage.
Außerdem führte das Gericht in seinem Urteil aus, welche Darlegungslast den Arbeitnehmer bzgl. eines rechtsmissbräuchlichen Arbeitgeberwechsels trifft. Dem Arbeitnehmer wird es in der Regel nicht möglich sein, die Beweggründe seines Arbeitgebers zu beweisen. Deshalb genüge es, dass der Arbeitnehmer zunächst Indizien für einen rechtsmissbräuchlichen Arbeitgeberwechsel vorträgt, wie zum Beispiel unveränderten Einsatz trotz Arbeitgeberwechsel. Es obliegt dann dem Arbeitgeber, diese zu erschüttern.
Praxishinweis
Die sachgrundlose Befristung ist ein arbeitsrechtliches Instrument, mit dem vorsichtig umgegangen werden soll. Dies betrifft insbesondere die Frage der Zuvorbeschäftigung und auch die von möglichen Verlängerungen. Kleine Formfehler mögen den gewünschten Effekt „verhindern".
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