LAG Düsseldorf: Keine Einsicht des Betriebsrats in die elektronische Personalakte ohne Zustimmung der Arbeitnehmer
Ein immer wieder vorkommender Konflikt in der Betriebsratsarbeit ist das Einsichtsrecht des Betriebsrats in Personalakten und andere Unterlagen, die persönliche Daten der Arbeitnehmer enthalten. Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hatte zu beurteilen, ob eine Regelung, wonach dem Betriebsratsvorsitzenden dauerhaft ein Einsichtsrecht in elektronische Personalakten zustehen sollte, mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers vereinbar ist.
Der Sachverhalt
Die Arbeitgeberin bietet Produkte und Dienstleistungen aus den Bereichen Mobilfunk, Festnetz, Datendienste und Breitbandinternet an. Bei ihr ist ein Gesamtbetriebsrat gebildet. Daneben gibt es zwölf örtliche Betriebsräte. In der Gesamtbetriebsvereinbarung heißt es: „Der Gesamtbetriebsratsvorsitzende und der örtliche Betriebsratsvorsitzende erhält permanenten Zugriff auf die elektronische Personalakte mit Ausnahme der Akten der Leitenden Mitarbeiter und der Mitarbeiter des Personalbereichs. Die örtlichen Betriebsratsvorsitzenden erhalten Zugriff auf die Akten des Wahlbetriebs, für den sie zuständig sind. Der Gesamtbetriebsratsvorsitzende erhält Zugriff auf die Akten des gesamten Unternehmens."
Die Arbeitgeberin verwehrte der Betriebsratsseite nunmehr im Hinblick auf Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmer diesen Zugriff. Der Gesamtbetriebsrat leitete daraufhin ein Beschlussverfahren mit dem Ziel ein, ihm das verbriefte Einsichtsrecht zu gewähren.
Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts
Das Landesarbeitsgericht wies die Anträge des Gesamtbetriebsrats ebenso wie das Arbeitsgericht zurück. Die in Streit stehende Klausel der Gesamtbetriebsvereinbarung sei unwirksam. Das generelle Einsichtsrecht der Betriebsratsvorsitzenden in die elektronische Personalakte der Arbeitnehmer, das nicht von deren Zustimmung abhängig ist, verletze diese in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht aus Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG, das die Betriebsparteien gemäß § 75 Abs. 2 BetrVG bei ihren Regelungen zu achten hätten. Zur Kontrolle der Regelungen aus der Gesamtbetriebsvereinbarung sei ein derart weites Einsichtsrecht der Betriebsratsseite weder geeignet noch erforderlich und verletze das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer in unangemessener Weise.
Fazit und Anmerkungen
Das Landesarbeitsgericht folgt in seiner Entscheidung der Vorinstanz, die ebenfalls ein uneingeschränktes Einsichtsrecht des Betriebsrats abgelehnt hatte. Diese Entscheidung steht im Einklang mit dem allgemeinen rechtlichen Tenor, dass gesammelte und gespeicherte persönliche Daten nur in einem erforderlichen Rahmen genutzt werden dürfen. Dass diese Maßstäbe, die mit der Einführung der DSGVO an Aktualität gewonnen haben, auch im Beschäftigungsverhältnis Anwendung finden, erscheint nur folgerichtig. Der deutsche Gesetzgeber war bei der Umsetzung der DSGVO in Bezug auf die Datenverarbeitung für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses schon über das europäische Schutzniveau hinausgegangen und hatte konkrete Vorgaben für die Datenverarbeitung in § 26 Bundesdatenschutzgesetz festgehalten. Sofern keine freiwillige Einwilligung vorliegt, ist dem Betriebsrat der uneingeschränkte Zugriff auf die Beschäftigtendaten daher zu versagen, wenn dieser kein begründetes rechtliches Interesse für die Einsicht darlegen kann.
Es ist eine besondere Verantwortung des Arbeitgebers gegenüber dem Betriebsrat, der häufig ein übersteigertes Informationsbedürfnis an den Tag legt, die Interessen der Arbeitnehmer bzgl. des Schutzes ihres Persönlichkeitsrechts geltend zu machen. Dies entspringt einer Loyalitätsverpflichtung des Arbeitgebers aus dem Arbeitsvertrag, wonach er grundsätzlich Daten des Arbeitnehmers nicht gegenüber Dritten offen legen darf, sofern dies nicht im Einzelfall für sachlich gerechtfertigte Gründe erforderlich ist. Das ganze Betriebsverfassungsrecht ist insoweit von dem Gedanken durchzogen, dass der Betriebsrat jeweils Rechte anlassbezogen im Rahmen des „Erforderlichen" hat, um seine Rechte oder die der Belegschaft als Ganzes wahrzunehmen. Ein allgemeines, generelles Einsichtsrecht, was eben auch aus nicht gerechtfertigtem Anlass ausgeübt werden kann, entspricht diesem Grundprinzip nicht. Diese Grenzen werden auch nicht durch Betriebsvereinbarung beseitigt. Oder anders ausgedrückt – der Arbeitgeber kann solche Rechte auch nicht „des lieben Friedens willen" dem Betriebsrat einräumen.
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