Fehler bei (Probezeit-) Kündigungen
Rechtlicher Hintergrund
Die Regelung zur Probezeit folgt aus dem Arbeitsvertrag. Das Gesetz lässt gemäß §622 Abs. 3 BGB insoweit zu, dass die Arbeitsvertragsparteien eine Probezeit von maximal sechs Monaten vereinbaren, in welcher das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden kann. Insoweit bewirkt die vertragliche Vereinbarung lediglich eine Verkürzung der im Übrigen in den ersten zwei Jahren geltenden vierwöchigen Kündigungsfrist. In der Regel von größerer Bedeutung ist die gesetzliche Regelung aus §1 Abs. 1 KSchG, wonach eine Kündigung keiner sozialen Rechtfertigung – also eines Kündigungsgrundes – bedarf, wenn das Arbeitsverhältnis des Gekündigten in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung nicht länger als sechs Monate bestanden hat. Zumeist laufen die Probezeit und die sog. „Wartezeit“ nach dem Kündigungsschutzgesetz parallel.
Auch wenn die Aussprache von Kündigungen in diesem Zeitraum keiner Kündigungsgründe bedarf, so können hier gleichwohl Fehler unterlaufen, auf Grund derer sich Arbeitnehmer an das Arbeitsgericht wenden können, um die Unwirksamkeit der Kündigung feststellen zu lassen. Beispielsweise müssen auch in den ersten sechs Monaten eines Anstellungsverhältnisses, also in der Probezeit, vor Ausspruch einer Kündigung die Beteiligungsrechte des Betriebs- bzw. Personalrats gewahrt werden. Im Übrigen gilt es die zwingenden Formvorschriften zu wahren und Vertretungsregelungen zu beachten.
Mit solchen Einwänden gegen die Wirksamkeit der Kündigung hatte sich das LAG in der hier besprochenen Entscheidung (Urteil vom 26. Oktober 2022 – 3 Sa 79/22) zu befassen.
Sachverhalt
Die Klägerin war bei der Beklagten, einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, seit dem 1. Januar 2021 als Abteilungsleiterin im Konzern-Rechnungswesen beschäftigt. Mit Schreiben vom 28. Juni 2021 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis innerhalb der Probezeit zum 31. Juli 2021. Das Kündigungsschreiben selbst wurde von Frau E.B. mit dem Zusatz „i. V.“ unterzeichnet. Frau E.B. war bei der Beklagten als stellvertretende Leiterin des Geschäftsbereichs Personal tätig und wurde mit Vorstandsbeschluss – was unter den Mitarbeitern bekannt war – befugt, Kündigungen des nichtwissenschaftlichen Personals vorzunehmen.
Mit Schreiben vom 11. Juni 2021 hat die Beklagte den bei ihr bestehenden Personalrat um Zustimmung zu der beabsichtigten ordentlichen Kündigung gebeten und dabei auch Kündigungsgründe, wohl aber unvollständige Sozialdaten, mitgeteilt. Der Personalrat stimmte der Kündigung nicht zu.
Mit Schreiben vom 2. Juli 2021 hat die Klägerin die Kündigung sodann zurückgewiesen. In der am 6. Juli 2021 vor dem Arbeitsgericht Stralsund erhobenen Kündigungsschutzklage vertrat sie die Ansicht, die Kündigung sei unwirksam, da dem Personalrat bei dessen Anhörung ihre Personaldaten nicht vollständig mitgeteilt worden seien. Im Übrigen sei die Vertretungsberechtigung der stellvertretenden Personalleiterin im Unternehmen nicht bekannt gewesen, sodass die Klägerin berechtigt gewesen sei, die Kündigung zurückzuweisen. Die Unterschrift auf dem Kündigungsschreiben sei zudem unleserlich.
Die Entscheidung
Das LAG teilte die Ansicht des Arbeitsgerichts und wies die Klage auch in zweiter Instanz ab.
Die Kündigung scheitere nicht an einer rechtsfehlerhaften Personalratsanhörung. Der Arbeitgeber sei bei einer Wartezeitkündigung nicht verpflichtet, dem Personalrat Sozialdaten, die bei vernünftiger Betrachtung weder aus seiner Sicht noch aus Sicht der Arbeitnehmervertretung für die Beurteilung der Wirksamkeit der Kündigung eine Rolle spielen können, mitzuteilen. Die Wartezeit diene dazu, dem Arbeitgeber Gelegenheit zu geben, sich eine subjektive Meinung über Leistung und Führung des Arbeitnehmers zu bilden, die – von Missbrauchsfällen abgesehen – einer gerichtlichen Überprüfung nach objektiven Maßstäben nicht unterliege. Im Falle eines aus Sicht des Arbeitgebers negativen Ergebnisses dieser Prüfung, wie vorliegend, soll er das Arbeitsverhältnis frei kündigen können. Eine Kündigung in der Wartezeit richte sich nicht nach dem noch nicht anwendbaren §1 KSchG, sondern entspreche alleine der subjektiven Einschätzung des Arbeitgebers, für die die Sozialdaten irrelevant seien.
Die Kündigungserklärung sei formwirksam. Es genüge, wie vorliegend, ein die Identität des Unterschreibenden ausreichend kennzeichnender Schriftzug, der individuelle und entsprechend charakteristische Merkmale aufweise, die eine Nachahmung erschweren. Der Schriftzug müsse sich als Wiedergabe eines Namens darstellen und die Absicht einer vollen Unterschriftsleistung erkennen lassen, selbst wenn er flüchtig niedergelegt und von einem starken Abschleifungsprozess gekennzeichnet sei. Die Bevollmächtigung von Frau E.B. habe die Beklagte gegenüber der Klägerin vor Ausspruch der streitbefangenen Kündigung rechtswirksam angezeigt. Dementsprechend sei die Klägerin von einer Zurückweisung der Kündigung gemäß §174 S.2 BGB ausgeschlossen gewesen – auch wenn die Beklagte dem Kündigungsschreiben keine Vollmachtsurkunde beigefügt hatte.
Praxishinweis
Die Entscheidung des LAG befasst sich mit rechtlichen Standardproblemen beim Ausspruch von Kündigungen. Arbeitgeber haben zu beachten, dass ein bei ihnen gebildeter Betriebs- bzw. Personalrat vor dem Ausspruch jeder Kündigung anzuhören ist. Probe- bzw. Wartezeitkündigungen bilden dabei keine Ausnahme. Auch wenn es in der Wartezeit keines konkreten Kündigungsgrundes bedarf, so sollte der Arbeitgeber im Anhörungsverfahren dem Betriebsrat jedenfalls die subjektiven Werturteile mitteilen, auf denen der Kündigungsentschluss gestützt ist. Die Nichtmitteilung von einzelnen Sozialdaten des Mitarbeiters führt je nach Einzelfall nicht zwangsläufig dazu, dass das Anhörungsverfahren nicht ordnungsgemäß durchgeführt wurde – so das LAG in seiner obigen Entscheidung.
Soll eine Kündigung nicht durch den gesetzlichen Vertreter einer Gesellschaft unterzeichnet werden – im Falle einer GmbH wäre dies z.B. der Geschäftsführer – ist darauf zu achten, dass der Kündigung eine Originalvollmacht beigefügt wird, aus welcher sich die Vertretungsberechtigung der kündigenden Person ergibt oder eine gerichtsfest zu dokumentierende Mitteilung an die Arbeitnehmer erfolgt, aus der sich die entsprechenden Zeichnungsbefugnisse eines Mitarbeiters ergeben.
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