Kein Verwertungsverbot für Bildsequenzen aus offener Videoüberwachung
Mit Urteil vom 23. August 2018 (Az. 2 AZR 133/18) hat das BAG entschieden, dass der Arbeitgeber Bildsequenzen aus einer rechtmäßigen offenen Videoüberwachung speichern kann, wenn diese vorsätzliche Handlungen des Arbeitnehmers zulasten des Eigentums des Arbeitgebers zeigen. Die Speicherung bzw. Verwertung der Aufnahmen wird nicht durch bloßen Zeitablauf unverhältnismäßig.
Sachverhalt
Die Klägerin war Filialleiterin in einem Tabak- und Zeitschriftenhandel mit angeschlossener Lottoannahmestelle. Der Beklagte hatte hier eine offene, also für die Arbeitnehmer erkennbare, Videoüberwachung im Verkaufsraum installiert, um sein Eigentum vor Straftaten durch Kunden und Arbeitnehmern zu schützen. Der Beklagte stellte im 3. Quartal 2016 ein Fehlbestand bei den Tabakwaren fest. Im August 2016 hat eine Auswertung der Videoaufzeichnungen ergeben, dass die Klägerin an zwei Tagen im Februar 2016 vereinnahmte Gelder nicht in die Registrierkasse gelegt hatte. Daraufhin beendete die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin außerordentlich.
Die Kündigungsschutzklage der Klägerin vor dem Arbeitsgericht und dem LAG Hamm war erfolgreich. Das LAG war der Auffassung, dass die Auswertung der Videoaufzeichnungen im gerichtlichen Verfahren dem Verwertungsverbot unterliege, da der Beklagte diese unverzüglich, jedenfalls vor dem 1. August 2018 hätte löschen müssen.
Die Revision der Beklagten hatte Erfolg. Das BAG hob das Berufungsurteil auf und wies die Sache zur neuen Verhandlung an das LAG zurück.
Entscheidungsgründe
Das Gericht konnte nach den bisherigen Erkenntnissen nicht feststellen, ob die offene Videoüberwachung so rechtmäßig bzw. ggf. grundrechtswidrig war. Eine Verarbeitung und Nutzung der Bildsequenzen aus der Videoüberwachung nach dem BDSG ist nur zulässig, wenn die Videoüberwachung rechtmäßig war und eine Verletzung der Klägerin in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht ausgeschlossen werden kann. Der Beklagte, so das BAG, ist nicht verpflichtet, das Bildmaterial zeitnah auszuwerten. Vielmehr kann er dies erst aufgrund eines berechtigten Anlasses vornehmen. Im Falle einer rechtmäßigen Videoüberwachung würden auch die Vorschriften der geltenden DSGVO einer gerichtlichen Verwertung der erhobenen personenbezogenen Daten der Klägerin dem weiteren Verfahren nicht entgegenstehen.
Fazit
Seit dem Inkrafttreten der DSGVO in diesem Jahr ist der Blick auf den Umgang mit personenbezogenen Daten verschärft worden. Die technischen Möglichkeiten der Überwachung sind für den Arbeitgeber gerade im Handel von großem Interesse, um die Leistung seiner Arbeitnehmer zu überwachen oder Straftaten im Betrieb aufzudecken, bzw. von der Begehung solcher Delikte abzuschrecken. Die Videoüberwachung ist – wie auch zuvor – im neuen Datenschutzrecht nicht ausdrücklich geregelt. So finden auch hier die „alten" Grundsätze Anwendung, wonach die Videoüberwachung nur eingesetzt werden darf, wenn konkrete Verdachtsmomente für das begehen einer Straftat oder einer erheblichen Pflichtverletzung vorliegen und der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gewahrt ist. Es ist ferner nicht ohne weiteres so, dass Beweise, die entgegen des Bestimmungen des BDSG gewonnen wurden, per se von der Beweisverwertung ausgenommen sind.
Die Beachtung der Grundsätze zum Datenschutz ist jedoch ratsam, um einen Rechtsstreit mit Verwertung solcher Beweismittel wie aus der Videoüberwachung erfolgreich zu führen und etwaige Bußgelder wegen datenschutzwidrigen Handelns zu vermeiden.
Autorin: Jessica Petrale
Artikel als PDF speichern