Aufforderungspflicht Urlaub zu nehmen bezieht sich auch auf Ansprüche aus vorangegangenen Kalenderjahren
Mit Urteil vom 9. April 2019 (Az. 4 Sa 242/18) hat das LAG Köln entschieden, dass der Urlaubsanspruch eines Arbeitnehmers in der Regel nur dann am Ende des Kalenderjahres erlischt, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zuvor über seinen verbleibenden Urlaubsanspruch für das Jahr und den jeweiligen Verfallfristen belehrt hat.
Sachverhalt
Der Kläger war bei der Beklagten, einer Apotheke, mehrere Jahre als Bote beschäftigt. Die Parteien hatten im Arbeitsvertrag eine Regelung zu den Urlaubsansprüchen des Klägers getroffen, wonach dieser auf eigenen Wunsch seinen Jahresurlaub in Form einer wöchentlichen Verkürzung der Arbeitszeit nehmen konnte. Damit hatte der Kläger stets nur die vereinbarten 27,5 Stunden gearbeitet, während er für 30 Stunden pro Woche bezahlt worden ist. Der Kläger hatte während des Arbeitsverhältnisses die Gewährung des darüber hinausgehenden Urlaubs nicht verlangt. Nachdem das Arbeitsverhältnis beendet wurde, verlangte dieser einen finanziellen Ausgleich für den in den Jahren 2014, 2015 und 2016 nicht gewährten Urlaub. Er war der Auffassung, dass durch die Arbeitszeitverkürzung von 2,5 Stunden pro Woche der Erholungszweck des gesetzlich zu gewährenden Urlaubs nicht erfüllt werden konnte. Damit verlangte der Kläger Schadensersatz in Form der Gewährung von Urlaubsabgeltung.
Während das Arbeitsgericht die Klage abwies, war die Berufung des Klägers vor dem LAG Köln erfolgreich.
Entscheidungsgründe
Der Kläger hat ein Anspruch auf die Abgeltung des ihm aus den letzten drei Jahren zustehenden gesetzlichen Urlaubs. Bei der Regelung im Arbeitsvertrag der Parteien handelt es sich nach Ansicht des LAG um eine Abweichung, die gem. § 13 Abs 1 Satz 3 BUrlG nicht zulässig ist, da eine wöchentliche Arbeitszeitverkürzung keinen Erholungsurlaub darstelle. Der Urlaubsanspruch berechne sich nach dem BUrlG und dementsprechend nach (Werk-) Tagen. Damit könne der Urlaub weder stundenweise berechnet noch in der Weise gewährt werden. Zudem sei der Urlaub für die drei Jahre vor der Kündigung des Klägers auch nicht verfallen. Dies ist nur möglich, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer vorher konkret aufgefordert habe, den Urlaub zu nehmen und zugleich darauf aufmerksam gemacht habe, dass dieser andernfalls mit Ablauf des Urlaubsjahres oder des Übergangszeitraums erlischt. Damit bezog sich das Gericht in der Begründung auf die Vorgaben des EuGH sowie der daraufhin erfolgten BAG Entscheidung. Die Initiativlast des Arbeitgebers beschränke sich dabei nicht nur auf den Urlaubsanspruch im jeweiligen Kalenderjahr. Vielmehr beziehe sich diese auch auf den Urlaub aus den vorangegangenen Kalenderjahren, da andernfalls der Zweck des Anspruchs auf Jahresurlaub, die Sicherung des Gesundheitsschutzes, zuwiderlaufen würde.
Praxishinweis
Arbeitgebern ist zu empfehlen, Systeme einzuführen, die nachweisbar sicherstellen, dass Arbeitnehmer vor Ende eines Kalenderjahres rechtszeitig aufgefordert werden, den zustehenden Urlaub zu nehmen und zugleich über einen drohenden Verfall informiert wurden. Ein freundliches Erinnern reicht nicht aus. Diese Regelungen betreffen allerdings nur Ansprüche auf gesetzlichen Mindesturlaub. Darüber hinausgehende, tarifliche oder individuelle Urlaubsansprüche sind davon nicht betroffen. Im Arbeitsvertrag sollte, wie es jetzt bereits Praxis ist auch aus diesem Grunde, eindeutig zwischen den gesetzlichen Mindesturlaubsansprüchen und den zusätzlichen Urlaubsansprüchen unterschieden werden.
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