Keine Verlängerung sondern Neuabschluss eines befristeten Arbeitsverhältnisses bei Veränderung der auszuübenden Tätigkeit
Vorsicht bei Vertragsänderungen bei befristeten Verträgen! Das Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) ermöglicht unter bestimmten Umständen die mehrfache sachgrundlose Verlängerung eines befristeten Arbeitsverhältnisses. Dass die Versuchung häufig groß ist, aus Anlass der Verlängerung eines befristeten Arbeitsvertrags noch weitere Vertragsbestandteile neu zu regeln, zeigt die Praxis immer wieder. So hatte auch das LAG Mecklenburg-Vorpommern über einen solchen Fall zu entscheiden. Mit Urteil vom 19. Juni 2020, Az. 5 Sa 189/19 stellte das Gericht die Unwirksamkeit einer Befristung und das Vorliegen eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses aufgrund einer missglückten Vertragsverlängerung fest.
Der Sachverhalt
Die Parteien stritten über die Wirksamkeit einer sachgrundlosen Befristung. Die 1960 geborene Klägerin war nach langer Berufstätigkeit ab Mai 2013 arbeitslos. Am 28. November 2013 schloss sie mit der Beklagten einen auf 2 Jahre befristeten Arbeitsvertrag für die Zeit vom 1. Januar 2014 bis zum 31. Dezember 2015. Gemäß dieses Vertrages wurde die Klägerin „[...] als Vollbeschäftigte befristet für eine Tätigkeit, die dem „gehobenen‟ technischen Verwaltungsdienst vergleichbar ist, am Arbeitsort A-Stadt, eingestellt." Am 17. Dezember 2015 verlängerten die Parteien das sachgrundlos befristetes Arbeitsverhältnis gem. § 14 Abs. 3 TzBfG um 2 Jahre bis zum 31. Dezember 2017. Kurz vor Ablauf der Befristung schlossen die Parteien einen weiteren Änderungsvertrag. Dieser enthielt neben einer Regelung zur Verlängerung des befristeten Arbeitsverhältnisses bis zum 31. Dezember 2018 gem. § 14 Abs. 3 TzBfG folgende Ergänzung: „Frau F wird über den 31.12.2017 hinaus als Vollbeschäftigte für eine Tätigkeit, die dem ehemaligen gehobenen allgemeinen Verwaltungsdienst vergleichbar ist, am Arbeitsort A-Stadt befristet weiterbeschäftigt." Die Klägerin vertrat die Ansicht, dass die Befristung des Arbeitsverhältnisses zum 31. Dezember 2018 unwirksam gewesen sei. Die Beklagte hielt dagegen. Die Vorgaben des § 14 Abs. 3 TzBfG seien erfüllt. Demnach sei die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zu einer Dauer von fünf Jahren zulässig, wenn der Arbeitnehmer bei Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses das 52. Lebensjahr vollendet habe und unmittelbar vor Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses mindestens vier Monate beschäftigungslos gewesen sei. Das Arbeitsgericht hatte der Klage stattgegeben. Dagegen wandte sich die Beklagte mit der Berufung.
Die Entscheidung des LAG
Das LAG bestätigte das erstinstanzliche Urteil und damit die Unwirksamkeit der Befristung. Die sonstigen Voraussetzungen des § 14 Abs. 3 TzBfG lägen zwar vor, der Begriff der Verlängerung in § 14 Abs. 3 TzBfG sei aber genauso zu verstehen, wie derjenige in § 14 Abs. 2 TzBfG. Eine Vertragsverlängerung im Sinne von § 14 Abs. 2 TzBfG setze voraus, dass sich die Vertragslaufzeit des Folgevertrags unmittelbar an die Laufzeit des zu verlängernden Vertrags anschließt, die Verlängerung noch vor Ablauf der Vertragslaufzeit des zu verlängernden Vertrags vereinbart wird und nur die Vertragsdauer unter Beibehaltung der übrigen Vertragsbedingungen geändert wird. Anderenfalls läge ein Neuabschluss eines befristeten Arbeitsvertrags vor, dessen sachgrundlose Befristung nach § 14 Abs. 2 TzBfG unzulässig sei, da eben eine die sachgrundlose Befristung ausschließende Vorbeschäftigung vorlag. Diese Grundsätze seien auch auf Abs. 3 übertragbar, da beiden Fälle gemein sei, dass die Entscheidungsfreiheit des Arbeitnehmers beeinträchtigt werde, sobald der Arbeitgeber mit dem Hinausschieben der Befristung andere inhaltliche Änderungen am Arbeitsvertrag verbinde. Der Arbeitnehmer solle bei der Entscheidung über die Verlängerung des sachgrundlos befristeten Arbeitsverhältnisses davor geschützt werden, dass der Arbeitgeber dessen Fortsetzung davon abhängig macht, dass der Arbeitnehmer geänderte Arbeitsbedingungen akzeptiert oder dass er durch das Angebot anderer Arbeitsbedingungen zum Abschluss eines weiteren sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrags veranlasst werde.
Im Änderungsvertrag vom 20. Dezember 2017 wurde nicht nur das Beendigungsdatum, sondern dem Wortlaut nach ausdrücklich auch die auszuübende Tätigkeit geändert. Es sei keine Tätigkeit mehr im gehobenen technischen Verwaltungsdienst geschuldet, sondern eine Tätigkeit, die mit dem gehobenen allgemeinen Verwaltungsdienst vergleichbar sei. Die Vertragsänderung ermögliche daher neue Einsatzmöglichkeiten kraft Direktionsrechts. Mithin läge ein Neuabschluss eines befristeten Arbeitsvertrags vor, der eines Sachgrundes bedurft hätte, und gerade keine bloße Verlängerung der Befristung.
Fazit
Die Entscheidung des LAG folgt der höchstrichterlichen Rechtsprechung zum Begriff der Verlängerung in § 14 Abs. 2 TzBfG und verdeutlicht das Erfordernis größtmöglicher Sorgfalt bei der Formulierung von Arbeitsverträgen. Sofern während der Laufzeit eines befristeten Arbeitsverhältnisses Arbeitsbedingungen geändert werden sollen, böte sich an, derartige Veränderungen losgelöst von der Verlängerung der Befristung, am besten zeitlich nach dem Abschluss des befristeten Vertrages, zu vereinbaren. Die Änderung von Arbeitsbedingungen eines befristeten Arbeitsverhältnisses ohne Verlängerung der Laufzeit des befristeten Vertrages unterliegt nämlich keiner Befristungskontrolle. Gleichwohl ist es zulässig, bereits zuvor eingetreten Änderungen der Vertragsbedingungen aus Dokumentationszwecken in die Verlängerungsvereinbarung aufzunehmen. Aber auch hier sollte der Wortlaut wohlüberlegt sein.
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