LAG Sachsen: Kündigung wegen Arbeitsverweigerung
Der Arbeitgeber kann zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses berechtigt sein, wenn ein Arbeitnehmer die vom Arbeitgeber angewiesene Arbeit auch nach Erhalt einer diesbezüglichen Abmahnung weiter verweigert. Verweigert er die Arbeitsleistung in der Annahme, er handele rechtmäßig, trägt er grundsätzlich selbst das Risiko, dass sich seine Rechtsauffassung als unzutreffend erweist.
Der Sachverhalt
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung, die ergangen war, nachdem sich die als Justizbeschäftigte in einem Amtsgericht tätige Arbeitnehmerin geweigert hatte, ihr aufgetragene Schreibarbeiten zu erledigen. Dabei ging es um die Absetzung eines strafrechtlichen Urteils, wofür nach § 275 StPO bestimmte Fristen nach Urteilsverkündung gelten. Werden diese Fristen versäumt, rechtfertigt dies gegen das Urteil eingelegte Rechtsmittel, was zu einer Neuverhandlung der Sache führen kann.
So war es hier. Der Arbeitnehmerin wurde – auf Grund drohenden Fristablaufs – die Erledigung der Schreibarbeit morgens gegen 9.00 Uhr aufgetragen. Sie lehnte die Bearbeitung ab, da sie es als nicht möglich ansah, die Schreibarbeit bis zum Ende ihrer Arbeitszeit um ca. 13 Uhr fertigzustellen. Außerdem sei die konkrete Akte nach dem Organisationsplan der Beklagten ohnehin bereits einer anderen Mitarbeiterin zugewiesen worden.
Der Arbeitgeber mahnte die Arbeitnehmerin ungefähr eine Stunde nach der ersten Weigerung auch formal ab, nachdem sie mit der Arbeit nicht begonnen hatte, und forderte sie erneut auf, die ihr aufgetragene eilige Schreibarbeit zu erledigen. Im Rahmen dieser Abmahnung belehrte der Arbeitgeber die Arbeitnehmerin darüber, dass sie mit dem Ausspruch einer Kündigung rechnen müsse, sofern sie dieser Aufforderung weiterhin nicht Folge leiste.
Da die Arbeitnehmerin sich auch nach Erhalt der Abmahnung weiterhin weigerte, die ihr aufgetragenen (eiligen) Schreibarbeiten zu erledigen, sogar die Arbeitsstelle zum Arbeitsende verließ, kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis ordentlich.
Das Arbeitsgericht wies die Klage der Arbeitnehmerin als unbegründet ab. Die von dem Arbeitgeber ausgesprochene Kündigung sei rechtswirksam, da die beharrliche Arbeitsverweigerung einen berechtigten Kündigungsgrund darstelle.
Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts
Das Landesarbeitsgericht folgte dieser Auffassung ( Sächsisches LAG, 31. Juli 2020, 2 Sa 398/19).
Die von der Arbeitnehmerin vorgetragenen Gründe seien nicht geeignet, ihre Arbeitsverweigerung zu rechtfertigen. Sie habe nicht einmal angefangen, die ihr übertragenen Aufgaben zu erledigen und habe versucht, sich der Arbeit durch Rückgabe der Akte zu entledigen. Ihre Ansicht, eine der anderen Mitarbeiterinnen des Schreibpools hätte diese Aufgabe erledigen können, vermochte ihre Arbeitsverweigerung ebenfalls nicht zu rechtfertigen. Der Arbeitnehmerin seien ersichtlich die Interessen ihres norm- und fristgebundenen öffentlichen Arbeitgebers möglicherweise „aus purer Bequemlichkeit völlig aus dem Blick geraten".
Diese andauernde Weigerung rechtfertige auch die Kündigung einer langjährigen Beschäftigten. Dem Arbeitgeber sei es nicht zuzumuten, das Risiko einer zu wiederholenden Gerichtsverhandlung eingehen zu müssen.
Fazit und Anmerkungen
In Fällen der Arbeitsverweigerung, gerade bei besonders dringlichen Angelegenheiten, die objektiv keinen Aufschub dulden, ist den betroffenen Arbeitgebern zu raten, schnellstmöglich eine Abmahnung auszusprechen und unter kurzer Fristsetzung den Arbeitnehmer erneut zur Erledigung der Arbeit aufzufordern. Sofern der Arbeitnehmer sich dann weiterhin weigert, kommt der Ausspruch einer ordentlichen Kündigung in Betracht. Hier ist jedoch darauf hinzuweisen, dass es entscheidend auf die Umstände des Falls ankommt. Eine solche Kündigung dürfte erst dann gerechtfertigt sein, wenn erhebliche Nachteile im Raum stehen, wenn die Erledigung verzögert wird. Bei anderen Fällen kann es so sein, dass lediglich eine Abmahnung zu rechtfertigen ist.
Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts deutet an, dass in einer solchen Konstellation auch eine außerordentliche fristlose Kündigung an sich gerechtfertigt sein könnte, wenn sich ein Arbeitnehmer in einer wichtigen Angelegenheit weigert, seine vertraglich geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen. Um auf der sicheren Seite zu sein, sollte bei einer außerordentlichen Kündigung zugleich – hilfsweise – auch eine ordentliche Kündigung ausgesprochen werden.
Aus Beweisgründen ist es zudem wichtig, dass Arbeitgeber das abmahn- bzw. kündigungsrelevante Verhalten ihrer Arbeitnehmer schriftlich protokollieren.
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