Bundesarbeitsgericht: Kostenerstattung bei Einschaltung eines Privatdetektivs?
Mit dieser Frage hatte sich kürzlich das Bundesarbeitsgericht (8 AZR 276/20) zu beschäftigen. Dabei musste es sich auch mit der im Arbeitsgerichtsprozess für Kostenerstattung geltenden Spezialregelung des §12a ArbGG auseinandersetzen.
Sachverhalt
Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger der Beklagten zum Ersatz von Anwaltskosten für Ermittlungen im Zusammenhang mit Vorwürfen des Spesenbetrugs, des Abrechnungsbetrugs und von Compliance-Verstößen verpflichtet ist. Nachdem bei der Beklagten mehrere anonyme Verdachtsmeldungen wegen eventueller Compliance-Verstöße des Klägers eingegangen waren, traf das bei dieser zuständige Gremium die Entscheidung, eine Untersuchung unter Einschaltung einer auf die Durchführung von Compliance-Ermittlungen spezialisierten Anwaltskanzlei durchzuführen. Die Kanzlei legte einen Untersuchungsbericht vor, nach dem der Kläger u.a. auf Kosten der Beklagten Personen ohne dienstliche Veranlassung zum Essen eingeladen sowie gegenüber der Beklagten Reisekosten für von ihm unternommene Fahrten zu Champions-League-Spielen des FC Bayern München abgerechnet hatte. Die Anwaltskanzlei stellte der Beklagten für ihre Tätigkeit insgesamt EUR 209.679,68 auf Basis eines Stundensatzes von EUR 350 in Rechnung, von denen die Beklagte widerklagend EUR 65.500,00 gegenüber dem Kläger geltend machte.
Die Entscheidung
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Beklagten das arbeitsgerichtliche Urteil teilweise abgeändert und der Beklagten den Anspruch in voller Höhe zugesprochen. Die hiergegen gerichtete Revision des Klägers war erfolgreich.
Zwar kann ein Arbeitgeber - auch nach Ansicht des BAG -grundsätzlich vom Arbeitnehmer die durch das Tätigwerden einer spezialisierten Anwaltskanzlei entstandenen notwendigen Kosten ersetzt verlangen, wenn er die Anwaltskanzlei anlässlich eines konkreten Verdachts einer erheblichen Verfehlung des Arbeitnehmers mit Ermittlungen gegen diesen beauftrage und der Arbeitnehmer einer schwerwiegenden vorsätzlichen Vertragspflichtverletzung überführt werde. Denn sofern ein konkreter Verdacht einer erheblichen Verfehlung des Arbeitnehmers vorliege, gehörten auch die zur Abwendung drohender Nachteile notwendigen Aufwendungen des Geschädigten zu dem nach § 249 BGB zu ersetzenden Schaden. Dem stehe § 12a Abs. 1 ArbGG, der als spezielle arbeitsrechtliche Regelung nicht nur einen prozessualen, sondern auch einen materiellen Kostenerstattungsanspruch ausschließe, nicht entgegen. Diese Bestimmung finde in einem solchen Fall keine Anwendung.
Allerdings richte sich die Grenze der Ersatzpflicht nach dem, was ein vernünftiger, wirtschaftlich denkender Mensch nach den Umständen des Falles zur Beseitigung der Störung oder zur Schadensverhütung nicht nur als zweckmäßig, sondern als erforderlich getan haben würde.
Nach Auffassung des BAG fehlte es im konkreten Fall jedoch an einer substantiierten Darlegung, welche konkreten Tätigkeiten bzw. Ermittlungen wann und in welchem zeitlichen Umfang wegen welchen konkreten Verdachts gegen den Kläger von der beauftragten Anwaltskanzlei ausgeführt wurden.
Praxishinweis
Das Urteil des BAG stellt weitestgehend arbeitgeberfreundliche Grundsätze für die Erstattung von Anwaltskosten bei internen Ermittlungen auf, selbst auch die Höhe des anwaltlichen Stundensatzes wird konkret nicht erörtert. Allerdings werden an die Darlegung der Erforderlichkeit und der konkreten dadurch bedingten Durchführung der internen Ermittlungsmaßnahmen strenge Anforderungen gestellt, so dass Arbeitgeber und beauftragte Kanzlei den Auftrag als solchen und die Durchführung detailliert protokollieren sollten. Ersetzt verlangt werden kann nur die reine Ermittlungstätigkeit, nicht Kosten der Rechtsvertretung oder die Kosten zur Vorbereitung von Schadensersatzansprüchen. Diese Tätigkeiten sollten daher speziell erfasst und abgerechnet werden. Darauf sollten Mandanten und beauftragte Kanzlei schon von Anfang an achten.
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