Kündigung wegen Nichttragens des Mund-Nasen-Schutzes
Sachverhalt
Die Klägerin ist bei der Beklagten seit dem 1. November 2012 als Logopädin mit einem Entgelt von EUR 1.440 beschäftigt. Die Beklagte betreibt eine logopädische Praxis als Kleinbetrieb mit der Klägerin als einziger Beschäftigten.
Die Beklagte ordnete das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes (MNS) an. Bei Antritt der Arbeit am 10. August 2020 verweigerte die Klägerin das Tragen eines MNS unter Vorlage eines allgemein gehaltenen ärztlichen Attestes. Die Beklagte bot der Klägerin daraufhin verschiedene Masken zum Ausprobieren und Trainieren und die Einlegung von zusätzlichen Pausen an. Die Beklagte ordnete – trotz des Attestes – an, die zu erwartenden Therapien mit Mund-Nasen-Schutz durchzuführen. Die Klägerin legte sodann erneut ein ärztliches Attest vor und wollte ohne Maske arbeiten. Die Beklagte schickte die Klägerin nach Hause. Am 12. August 2020 erschien die Klägerin erneut zur Arbeit und wollte ohne Maske arbeiten.
Mit Schreiben vom 12. August 2020 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis daraufhin ordentlich zum 31. Oktober 2020 und stellte die Klägerin unwiderruflich unter Anrechnung auf Urlaubs- und Freistellungansprüche frei.
Die Klägerin hält die Kündigung für „treuwidrig" und erhob Kündigungsschutzklage.
Die Entscheidung
Das Arbeitsgericht Cottbus sah dies anders und wies die Klage ab.
Die Beklagte habe zu Recht die Entscheidung treffen können, dass während der Behandlung ein Mund-Nasen-Schutz zu tragen sei. Bereits nach der zum damaligen Zeitpunkt gültigen SARS-CoV-2- Umgangsverordnung des Landes Brandenburg sei das Tragen eines MNS zwingend vorgeschrieben. Danach war in § 2 geregelt, dass in Einrichtungen zur Erbringung von Dienstleistungen, bei denen ein physischer Kundenkontakt stattfindet, das Tragen eines MNS zwingend ist.
Auch die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandards für logopädische Praxen sahen das Tragen eines MNS vor. Es könne dahinstehen, ob diese verbindlich sind. Jedenfalls sei es nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte sich diese zu eigen mache und die Vorgaben umsetze.
Die Beklagte habe dabei zu Recht davon ausgehen können, dass bei einer logopädischen Behandlung ein Abstand von 1,50 m nicht stets zu gewährleisten ist. Ebenfalls zu Recht habe die Beklagte aufgrund seriöser wissenschaftlicher Erkenntnis davon ausgehen können, dass das Risiko einer Übertragung des SARS-CoV-2-Virus in geschlossen Räumen nur durch Tragen eines MNS wirksam eingedämmt werden kann. Die Beklagte war nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet, zum Schutz der Gesundheit der Patienten und der Klägerin sowie zum Eigenschutz, das Tragen eines MNS anzuordnen. Auch im Hinblick auf das Risiko einer zeitweisen Schließung der Praxis infolge einer Infektion und Quarantäneanordnung sei die Entscheidung absolut nachvollziehbar. Sie sei weder willkürlich noch unangemessen.
Die von der Klägerin vorgelegten Atteste seien zudem nicht geeignet, eine wirksame Befreiung vom Tragen eines MNS zu begründen. Es müsse aus dem Attest hervorgehen, welche konkret zu benennenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen aufgrund eines MNS zu erwarten sind und woraus diese im Einzelnen resultieren. Zudem müsse erkennbar sein, auf welcher Grundlage der attestierende Arzt zu seiner Einschätzung gekommen sei. In den von der Klägerin vorgelegten Attesten sei lediglich die Rede davon, das Tragen eines MNS sei ihr unzumutbar. Derartige Atteste seien nicht hinreichend aussagekräftig und zur Glaubhaftmachung gesundheitlicher Gründe, die eine Befreiung von der Maskenpflicht rechtfertigen könnten, nicht ausreichend. Das Arbeitsgericht nannte das Attest ausdrücklich „Gefälligkeitsattest" und „medizinisch unseriös".
Die Kündigung wäre daher auch bei Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes sozial rechtfertigt, und zwar sowohl wegen fehlender Einsatzmöglichkeit der Klägerin (betriebsbedingt) als auch wegen fehlender Eignung (personenbedingt) oder aufgrund einer Arbeitspflichtverletzung wegen Verweigerung der Arbeit (verhaltensbedingt). Eine bereits sozial gerechtfertigte Kündigung könne aber nicht treuwidrig sein.
Praxishinweis
Das Tragen eines MNS wird für Arbeitnehmer im Dienstleistungsbereich vorerst gängige Praxis bleiben.
Die Entscheidung des Arbeitsgericht Cottbus bietet auch Aufschluss darüber, welche inhaltlichen Anforderungen an ein Attest zur Befreiung vom Tragen eines MSN zu stellen sind.
Arbeitgeber sollten dabei eine sorgfältige Prüfung vornehmen und diese nicht vorbehaltslos akzeptieren.
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