„Befristung – bitte die Form wahren!"
- Formerfordernisse der Befristung eines Arbeitsverhältnisses -
- Formerfordernisse der Befristung eines Arbeitsverhältnisses -
Rechtlicher Hintergrund
Gemäß §14 Abs. 4 Teilzeitbefristungsgesetz (TzbfG) bedarf die Befristung eines Arbeitsvertrags zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Wird beispielsweise ein befristetes Arbeitsverhältnis aufgrund einer mündlichen Abrede begründet, gilt es demnach als auf unbestimmte Zeit geschlossen, §16 TzbfG.
Die Schriftform setzt nach §126 Abs.1 BGB grundsätzlich voraus, dass die Urkunden von den Ausstellern eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden. Sie kann jedoch durch eine elektronische Form ersetzt werden, wenn sich aus dem Gesetz nicht etwas anderes ergibt, §126 Abs.3 BGB, also das Gesetz diese Form nicht ausdrücklich ausschließt. So ist die elektronische Form beispielsweise bei Kündigungen und Aufhebungsverträgen gemäß §623 BGB ausgeschlossen. Einen solchen grundsätzlichen Ausschluss sieht hingegen das TzBfG bezüglich der Form nicht vor.
Ist die elektronische Form hiermit zulässig, so muss der Aussteller der Erklärung dieser seinen Namen hinzufügen und das elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen, §126a Abs. 1 BGB.
Sachverhalt
Der Kläger war bereits zuvor bei der beklagten Arbeitgeberin aufgrund befristeter Arbeitsverträge beschäftigt.
Einen weiteren Arbeitsvertrag, nach dem ein Arbeitsverhältnis ab dem 1. November 2020 bis zum Wegfalls eines Sachgrundes bestehen sollte, unterzeichneten die Parteien mittels elektronischer Signatur. Der Kläger trug vor, dem befristeten Arbeitsvertrag fehle die Schriftform, denn die genutzte elektronische Signatur stelle keine qualifizierte elektronische Signatur im Sinne des Gesetzes dar und beantragte festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgrund der in der Vereinbarung vom 29. September 2020 vereinbarten Befristung mit dem 30.November 2021 enden wird, sondern als auf unbestimmte Zeit abgeschlossen gilt.
Die Entscheidung
Die Frage, die das Arbeitsgericht hier zu beantworten hatte, ist von wachsender Bedeutung. Im immer mehr digitalisierten Verfahren des Abschlusses von Verträgen, gerade auch im internationalen Rechtsverkehr, wird zur Erleichterung der Abwicklung eines Vertragsschlusses gerne auf die elektronische Signatur zurückgegriffen, alleine schon um das „zeitraubende" Verfahren des Hin- und Herschickens von Dokumenten zu vermeiden. Erweist sich die gesetzlich vorgesehene Schriftform hier als Hemmschuh in dieser Entwicklung? Oder welche Anforderungen sind an eine elektronische Signatur zu stellen? Kann bedenkenlos jede auf dem Markt angebotene Form der elektronischen Signatur verwendet werden?
Das Arbeitsgericht Berlin hielt die Befristung in diesem Fall mangels Einhaltens der Schriftform für unwirksam und gab der Klage statt. Die Voraussetzungen nach §126a BGB – an eine qualifizierte elektronische Signatur – seien, so das Arbeitsgericht, hier nicht erfüllt. Das Gericht bemisst die Anforderungen an eine elektronische Signatur an der Verordnung (EU) vom 23. Juli 2014 über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt und zur Aufhebung der RL 1999/93/EG (nachfolgend: eIDAS-VO).
Danach liege eine fortgeschrittene elektronische Signatur vor, wenn sie
- eindeutig dem Unterzeichner zugeordnet ist,
- die Identifizierung des Unterzeichners ermöglicht,
- unter Verwendung elektronischer Signaturerstellungsdaten erstellt wird, die der Unterzeichner mit einem hohen Maß an Vertrauen unter seiner alleinigen Kontrolle verwenden kann,
- sie so mit den auf diese Weise unterzeichneten Daten verbunden ist, dass eine nachträgliche Veränderung der Daten erkannt werden kann.
Außerdem, so das ArbG weiter, werde die Konformität qualifizierter elektronischer Signaturerstellungseinheiten mit den Anforderungen der Verordnung von geeigneten, von den Mitgliedstaaten benannten öffentlichen oder privaten Stellen zertifiziert. In Deutschland ist die Prüfung privater Anbieter nach §17 Vertrauensdienstegesetz (VDG) der Bundesnetzagentur übertragen.
Das von der Beklagten genutzte Tool „e-Sign" habe jedoch gerade keine solche Zertifizierung erfahren. Unter Zugrundelegung des Sachvortrages der Beklagten sei zwar davon auszugehen, dass das Tool e-Sign eine fortgeschrittene elektronische Signatur im Sinne des Art. 26 eIDAS-VO erstellt. Die erforderliche Zertifizierung nach § 17 VDG, Art. 30 eIDAS-VO wurde seitens der Beklagten augenscheinlich nicht veranlasst, weshalb es an den besonderen Voraussetzungen für eine qualifizierte elektronische Signatur fehle.
Praxishinweis
Die Entscheidung des Arbeitsgerichts Berlin sorgt für großes Aufsehen. Wegen ähnlicher Sachlage sind mehrere arbeitsgerichtliche Verfahren gegen den Lieferdienst „Gorilla" anhängig, der mit seinen „Ridern" mit elektronischer Signatur versehene befristete Arbeitsverträge abgeschlossen hat. Das Arbeitsgericht Berlin stellt jedoch in seiner Entscheidung eindeutig klar, dass die Befristung durch elektronische Signatur nicht per se unwirksam sei. Nur müsse sich eine solche Form eben auch an den europarechtlich vorgegebenen Voraussetzungen messen lassen. Um Risiken zu vermeiden, gerade wenn Unsicherheiten bzgl. der verwendeten Signatur besteht, ist es ratsam, vielleicht doch auf die „Schriftform" in ihrem ursprünglichen Sinne zurückzugreifen.
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