Probezeit bei Befristung
Rechtliche Einordnung
Die allermeisten Arbeitsverträge sehen eine Probezeit vor. Je nach genauer Vereinbarung kann während einer solchen Probezeit das Arbeitsverhältnis in den ersten sechs Monaten mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden. Da Mitarbeitende auch regelmäßig erst nach sechs Monaten Anstellungsdauer allgemeinen Kündigungsschutz erlangen (vgl. § 1 KSchG), kann sich der Arbeitgeber innerhalb der Probezeit zumeist recht kurzfristig und ohne soziale Rechtfertigung von der Neuanstellung trennen – z.B. weil die erwartete Leistung während der Erprobung nicht erbracht wird.
Für befristete Arbeitsverhältnisse sieht seit dem 1. August 2022 § 15 Abs. 3 TzBfG in Umsetzung von Art. 8 Abs. 2 Satz 1 der Richtlinie (EU) 2019/1152 vor, dass in einem befristeten Arbeitsverhältnis eine vereinbarte Probezeit im Verhältnis zu der erwartenden Dauer der Befristung und der Art der Tätigkeit stehen muss.
Befristungen sind häufig bis zu einer Dauer von zwei Jahren sachgrundlos zulässig. Um z.B. einen kurzfristigen und vorübergehenden Ausfall zu überbrücken, werden befristete Arbeitsverhältnisse jedoch nicht selten auch nur für eine Dauer von wenigen Monaten abgeschlossen. Gerade in diesen Fällen stellt sich die Frage, wie die Vereinbarung einer Probezeit zeitlich ausgestaltet sein sollte.
Die Entscheidung des BAG ist insoweit aufschlussreich:
Sachverhalt
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Kündigung während der Probezeit und den Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Der Beklagte stellte den Kläger am 1. September 2022 ein. Laut Arbeitsvertrag sollte die Beschäftigung bis zum 28. Februar 2023 zur Probe erfolgen und danach automatisch enden, es sei denn, das Arbeitsverhältnis wird fortgesetzt, wodurch es unbefristet würde. Der Vertrag erlaubte eine beiderseitige Kündigung innerhalb der Probezeit mit einer Frist von zwei Wochen.
Am 28. Oktober 2022 kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 11. November 2022. Der Kläger hält die Kündigung für unwirksam, da die Kündigungsmöglichkeit nicht wirksam vereinbart worden sei. Er argumentiert, die Probezeit sei im Verhältnis zur Befristungsdauer und zur Art der Tätigkeit unangemessen. Die Vorinstanzen wiesen die Klage ab.
Entscheidung
Die Revision beim BAG hatte teilweise Erfolg. Das BAG stellte fest, dass die Vereinbarung einer sechsmonatigen Probezeit in einem auf sechs Monate befristeten Arbeitsverhältnis gegen § 15 Abs. 3 TzBfG verstößt. Eine Probezeit müsse im Verhältnis zur Dauer der Befristung und der Art der Tätigkeit stehen. Weder § 15 Abs. 3 TzBfG noch Art. 8 Abs. 2 S. 1 AB-RL (RL (EU) 2019/1152) enthalten eine ausdrückliche Regelung zur zulässigen Dauer einer Probezeit im befristeten Arbeitsverhältnis. Aus der Auslegung ergäbe sich jedoch, dass eine Probezeit ohne besondere Umstände nicht der gesamten Befristungsdauer entsprechen dürfe. Dies folge bereits aus dem Wortlaut des § 15 Abs. 3 TzBfG. Man müsse Probezeit und Befristungsdauer nicht ins Verhältnis setzen, wenn beide gleich lang sein könnten. Dieses Ergebnis wird durch die unionsrechtskonforme Auslegung bestätigt. Nach der AB-RL darf die Probezeit generell nicht länger als sechs Monate sein. Wäre eine solche Probezeit auch in auf diese Dauer befristeten Arbeitsverhältnissen angemessen, hätte es der Regelung des Art. 8 Abs. 2 AB-RL nicht bedurft. Auch der Normzweck von § 15 Abs. 3 TzBfG spricht für diese Auslegung. Könnte für ein befristetes Arbeitsverhältnis eine Kündbarkeit für die gesamte Befristungsdauer mit verkürzter Kündigungsfrist vereinbart werden, wäre der Arbeitnehmer der Unsicherheit einer kurzfristigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausgesetzt.
Der Verstoß gegen § 15 Abs. 3 TzBfG lässt jedoch die Möglichkeit der ordentlichen Kündbarkeit unberührt und führt lediglich dazu, dass der Beklagte das Arbeitsverhältnis nicht mit der kurzen Frist des § 622 Abs. 3 BGB kündigen konnte. Ob bei einer unverhältnismäßigen Probezeitvereinbarung das Recht zur ordentlichen Kündigung während der Befristung insgesamt entfällt oder mit längeren gesetzlichen oder vertraglichen Fristen ausgeübt werden kann, hängt von der konkreten Ausgestaltung der Vertragsbedingungen ab. Ist neben oder in einer Vereinbarung über die Probezeit eine unabhängige Abrede über die Kündbarkeit getroffen, bleibt deren Wirksamkeit von der Unwirksamkeit einer unverhältnismäßig langen Probezeit unberührt.
Praxishinweis
Aus der Entscheidung des BAG wird deutlich, dass Befristungsdauer und Probezeit jedenfalls nicht gleichlang sein dürfen. Dieser recht offensichtliche Umstand sollte bei der Vertragsgestaltung berücksichtigt werden. Gleichzeitig ließ das BAG offen, nach welchen Grundsätzen sich das Verhältnis zwischen der Dauer eines befristeten Arbeitsverhältnisses und der dabei vereinbarten Probezeit bestimmt und ob Gerichte angesichts der bewusst unbestimmt gehaltenen Ausgestaltung von § 15 Abs. 3 TzBfG überhaupt berechtigt sind, feste Bezugsgrößen für die maßgeblichen Parameter (Probezeit-/Befristungsdauer) zu bestimmen.
Das BAG hat jedoch klargestellt, dass die Vereinbarung einer unverhältnismäßig langen Probezeit nicht allgemein zum Wegfall der allgemein vereinbarten Kündbarkeit des befristeten Arbeitsverhältnisses führe. Die praktische Relevanz einer ggf. unwirksam vereinbarten Probezeit dürfte sich daher in den meisten Fällen lediglich in einer unwesentlich längeren Kündigungsfrist niederschlagen.
Zu beachten ist jedoch, dass hier bei Abfassung von Arbeitsverträgen, die mit kurzer Laufzeit – auch wenn diese ein Jahr ist – die Probezeit – also die Zeit, in der mit verkürzter Frist gekündigt werden kann, auch kein Kündigungsschutz besteht – angemessen sein muss. Bei zum Beispiel der Dauer von sechs Monaten sollten zwei Monate Probezeit genügen, auch bei einem Jahr sollte man vielleicht nicht die vollen sechs Monate vereinbaren.
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Jonas Anders, LL.M.
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht
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