Betriebsrat kann von Arbeitgeber nicht verlangen, dass dieser Deutsch mit ihm spricht
Die Arbeits- und Wirtschaftswelt wird internationaler. Das ist mittlerweile nichts Neues mehr. Deswegen ist es auch nichts Ungewöhnliches, wenn Führungskräfte in einer deutschen Filiale eines ausländischen Unternehmens der deutschen Sprache nicht mächtig sind. Dass es dadurch zu Kommunikationsproblemen mit Betriebsrat und Mitarbeitern kommen kann, liegt auf der Hand. Mit der Frage, ob der Betriebsrat verlangen kann, dass die Filialleitung ausschließlich mit ihm auf Deutsch kommuniziert, hatte sich das LAG Nürnberg in seinem Beschluss vom 18. Juni 2020, Az. 1 TaBV 33/19, zu beschäftigen.
Der Sachverhalt
Antragsteller war der Betriebsrat einer deutschen Filiale eines spanischen Bekleidungskonzerns. Dieses setzte eine Filialleiterin ein, die der deutschen Sprache kaum mächtig war. Personalgespräche, Mitarbeiterversammlungen sowie allgemeine Kommunikation wurde in englischer und deutscher Sprache geführt, wobei für den englischen Part in der Regel immer eine Person anwesend war, die ins Deutsche übersetzte. Der Betriebsrat vertrat die Auffassung, dass die Arbeitgeberin sein Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) verletze. Die vom Arbeitgeber erwünschte Kommunikation in englischer Sprache sei dem Ordnungsverhalten zuzurechnen und unterliege deshalb dem Mitbestimmungsrecht. Der Betriebsrat beantragte, der Arbeitgeberin aufzugeben, die englischsprachige Kommunikation sowohl mit Mitarbeitern als auch dem Betriebsrat zu unterlassen. Das ArbG Nürnberg hatte die Anträge abgewiesen. Hiergegen wandte sich der Betriebsrat im Wege einer Beschwerde an das LAG Nürnberg.
Die Entscheidung des LAG
Das LAG Nürnberg bestätigte die Entscheidung der ersten Instanz. Es läge kein Verstoß gegen die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats vor. Die englischsprachige Kommunikation zwischen Filialleitung und des Betriebsrats betreffe nicht allgemeine Ordnungsregeln des Betriebs und daher nicht den mitbestimmungspflichtigen Bereich. Schließlich hätten auch keine allgemeinen Vorgaben für die Beschäftigten hinsichtlich der zu verwendenden Sprache im Betrieb bestanden.
Auch eine Behinderung der Betriebsratsarbeit ( § 78 BetrVG) läge in der englischsprachigen Kommunikation nicht vor. Dies sei nur dann der Fall, wenn nicht gewährleistet sei, dass sämtliche Erklärungen der Filialleiterin, ob schriftlich oder mündlich, in verständlicher Form gegenüber den Betriebsratsmitgliedern abgegeben und die Erklärungen von Betriebsratsmitgliedern gegenüber der Filialleitung auch entgegengenommen und wahrgenommen werden können. Dies sei vorliegend nicht der Fall gewesen, da sämtliche Erklärungen den Betriebsratsmitgliedern übersetzt worden seien. Zwar sei eine Gesprächsführung mit der Filialleiterin schwieriger, wenn man nicht unmittelbar, sondern nur mittels eines Übersetzers mit ihr sprechen könne. Der Betriebsrat müsse jedoch auch andere Erschwerungen der Kommunikation hinnehmen, wie z.B. dann, wenn eine Vertretung eingesetzt werde, die zwar Deutsch spreche, aber keine alleinige Entscheidungsbefugnis habe und deshalb zunächst immer alles mit der Geschäftsleitung abstimmen müsse. Überdies gehe das Risiko einer ungenauen Übersetzung zu Lasten des Arbeitgebers.
Der Antrag des Betriebsrats sei zudem auch zu weitgehend. Die begehrte Verpflichtung beziehe sich auf jegliche Kommunikation zwischen Geschäftsleitung und Arbeitnehmern im Betrieb. Es sei aber nicht erkennbar, aus welchem Grund der Arbeitgeber verpflichtet sein sollte, mit Arbeitnehmern, die die englische Sprache gut – oder gar besser als die deutsche – beherrschen, nur in deutscher Sprache reden zu dürfen.
Fazit
Das LAG Nürnberg stärkt mit seiner Entscheidung bezüglich der sprachlichen Komponente der Kommunikation die Position der Arbeitgeber. Solange es in einem Betrieb keine arbeitgeberseitigen Vorgaben in Bezug auf die anzuwendende Sprache gebe, könne der Betriebsrat nicht verlangen, dass mit ihm ausschließlich in Deutsch gesprochen werde, wenn eine Übersetzung gewährleistet ist. Korrespondenz des nicht deutschsprachigen Führungspersonals mit einem deutschsprachigen Betriebsrat muss letztlich übersetzt werden, da ansonsten durchaus eine Behinderung der Betriebsratsarbeit in Betracht kommen kann. Dieser Beschluss schafft Klarheit insbesondere für multinationalen Konzernen und verdeutlicht den Trend zur länderübergreifenden Zusammenarbeit. Dass sich z.B. eine Personalabteilung häufig im Ausland befindet und von dort aus zunehmend digital die Dinge in Deutschland regelt, ist keine Seltenheit mehr. Arbeitgeber müssen sich jedoch bewusst sein, dass das Risiko ungenauer Übersetzungen, stets zu ihren Lasten geht.
Wichtig ist jedoch darauf hinzuweisen, dass in einem ausländischen Betrieb nur in sehr wenigen Ausnahmefällen in Betracht kommen wird, die Kommunikation zumindest in Fragen der betrieblichen Zusammenarbeit, insbesondere den mitbestimmungsrelevanten Teilen, nur in anderer Sprache als in Deutsch abzuhalten. Gerade bei teilweise rechtlichen Angelegenheiten ist sicherzustellen, dass alle Teile der Belegschaft der sprachliche Zugang gewährleistet ist. Dies heißt natürlich nicht, dass die „Arbeitssprache" in fachlicher Hinsicht nicht Englisch sein kann.
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